Portraits


	
						
	
	

				
			
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Es gab immer Menschen, die aus dem Nichts heraus Großartiges schafften. Ein Beispiel: eine heruntergekommene Brauerei zu kaufen und dort nicht nur irgendein Bier zu brauen, sondern ein derart einzigartiges Bier zu entwickeln, dass der Name der Brauerei heute als Synonym für einen kompletten Bierstil steht. Wer an Stout denkt, denkt an Guinness – und umgekehrt: Die Geschichte des Arthur Guinness.

Im Jahr 1759 schloss Arthur Guinness einen Pachtvertrag über die Brauerei am St. James Gate im irischen Dublin ab. Guinness schlug seinem Vermieter, dem Erben des ehemaligen Dubliner Bürgermeisters Mark Rainsford, für den Mietvertrag eine Laufzeit von sage und schreibe 9000 Jahren vor. Die jährliche Pacht sollte 45 Pfund betragen, bis zum Jahr 10 759 nach Christus. Das Unglaubliche geschah: Der Pachtvertrag wurde unterschrieben!

 

Das einzige erhaltene, gesicherte Porträt von Arthur Guinness (Quelle: User Morrison1917 on en.wikipedia (https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Arthur_Guinness.jpg), „Arthur Guinness“, als gemeinfrei gekennzeichnet, Details auf Wikimedia Commons: https://commons.wikimedia.org/wiki/Template:PD-old)
Das einzige erhaltene, gesicherte Porträt von Arthur Guinness (Quelle: User Morrison1917 auf en.wikipedia, „Arthur Guinness“, als gemeinfrei gekennzeichnet)

 

Verrückt oder nur ein guter Rechner?

Geboren wurde Arthur Guinness am 24. September 1725 in Celbridge in der Grafschaft Kildare, nur einige Meilen westlich der irischen Hauptstadt Dublin. Beide Eltern, Richard und Elizabeth, stammten von bäuerlichen Pächtern aus der Umgebung ab. Richard Guinness arbeitete als Landverwalter für Arthur Price, den Erzbischof von Cashel, und braute in dieser Funktion auch Bier für die Arbeitskräfte des bischöflichen Gutes. So kam der junge Arthur schon früh in Kontakt mit dem Brauerberuf. Der Erzbischof war auch der Taufpate des Jungen, und als er 1752 starb, vermachte er Arthur 100 Pfund; dies würde heute etwa 10 000 EUR entsprechen. Der junge Mann investierte diese Erbschaft in eine kleine Brauerei im Nachbarort Leixlip, die ihm bereits 1755 zur Gänze gehörte. Nur vier Jahre hielt er es dort in der irischen Provinz aus, dann lockte das große Dublin. Dublin ging damals bereits stramm auf die 100 000 Einwohner zu. Die industrielle Revolution hatte noch nicht begonnen, die meisten Menschen lebten noch sehr ländlich.

Arthur Guinness jedoch war nicht nur Optimist, sondern er besaß auch Unternehmergeist und kaufmännisches Geschick. 1759 bestand die St. James Brauerei aus 16 000 Quadratmetern Land mit lediglich einem kupfernen Braukessel, einem Maischbottich, einer Mühle, zwei Malzhäusern und Ställen für zwölf Pferde. Ursprünglich wollte Arthur Guinness hier ausschließlich helles Ale brauen, das beliebteste Bier in Irland. Das tat er die ersten 20 Jahre auch; mit Erfolg, denn 1769 ging die erste Fuhre (helles) Guinness-Bier per Schiff nach London. Ab 1770 jedoch kam, ausgehend von London, ein neues Getränk in Mode: der Porter, stärker und dunkler eingebraut.

 

Ein einzigartiges Rezept

Arthur Guinness führte Porter 1778 in sein Sortiment ein und arbeitete in den nächsten Jahren am Rezept. Er verwendete statt geröstetem Gerstenmalz einen Anteil unvermälzte, geröstete Rohgerste. Für das damalige – im Vergleich zu Malzen vom Kontinent – überlöste Malz der britischen Inseln bot sich eine einfache Infusionsmaische an (während auf dem Kontinent Dreimaischverfahren üblich waren). Diese perfektionierte Guinness im Laufe der Zeit zu einer „fallenden Infusion“. Eingemaischt wurde bei mindestens 70 °C, dann blieb alles einfach zwei bis drei Stunden stehen, bis die Maische verzuckert war. Nach einer vergleichsweise hohen Hopfengabe und noch einmal zwei bis drei Stunden Hopfenkochen, war die Würze nicht nur süß und stark, sondern auch entsprechend bitter. Damit traf dieses dunkle Bier offenbar den Zeitgeist, denn dem Guinness-Bier fehlte die süßliche Schwere der englischen Bierstile.

Dafür passte es vorzüglich in die nun beginnende industrielle Revolution, denn ein bis drei Pints Guinness entsprachen einer vollwertigen Mahlzeit. Der Begriff „Stout“, anfangs nur als eine Variante des Porter gesehen, entwickelte sich bei Guinness zu einem eigenständigen Bierstil. Es ist nicht gesichert, dass all diese Feinheiten der Rezeptur von Arthur Guinness persönlich stammten, von angestellten Braumeistern oder seinen Kindern, die die Brauerei nach ihm weiterführten. Er legte aber auf jeden Fall den Grundstein für den weltweiten Erfolg des Guinness Stout: Die Brauerei am St. James Gate stellte 1799 das Brauen anderer, hellerer Biersorten komplett ein und konzentrierte sich ausschließlich auf Stout.

 

Tor der Guinness Brauerei in Dublin (Quelle: Andre Messner auf Unsplash)
Tor der Guinness Brauerei in Dublin (Quelle: Andre Messner auf Unsplash)

 

Dynastische Vorsorge

1761 heiratete Arthur Guinness in der St. Mary‘s Church in Dublin Olivia Whitmore, die Tochter eines Kaufmanns aus Dublin, die eine stattliche Mitgift von 1000 Pfund mit in die Ehe brachte. Drei Jahre später zog die Familie Guinness in ein neues Haus, das Arthur auf einer 21 Hektar großen Farm im Norden Dublins erbauen ließ. Seine letzten fünf Lebensjahre verbrachte er in einer herrschaftlichen georgianischen Villa am Mountjoy Square in Dublin. Im Verlauf der Ehe mit Olivia bekam diese 21 Kinder, von denen nur zehn das Erwachsenenalter erreichten. Zehn überlebende Nachkommen genügten jedoch, um die Nachfolge der Brauerei sicher zu stellen und die übrigen gut versorgt zu wissen.

Drei Söhne – Arthur, Benjamin und William – konnten sich als Brauer die Nachfolge am St. James Gate teilen. In den 1780er-Jahren begann der Sohn Arthur mit der Arbeit in der Brauerei, und kurz vor seinem Tod ernannte der offenbar zufriedene Vater ihn zum Seniorpartner.

 

Politisches und gesellschaftliches Engagement

Mit dem Erfolg der Brauerei kamen auch Geld und Einfluss, den Arthur Guinness in der Politik nutzen wollte. Er war ein protestantischer Christ und politisch ein pro-britischer Unionist. Er lehnte den irischen Nationalismus ebenso ab wie die Forderung nach irischer Unabhängigkeit von Großbritannien. Gleichwohl befürwortete er die Emanzipation der Katholiken, denn er sah Irland am liebsten geeint und friedlich unter britischer Kontrolle – mit gewissen politischen und parlamentarischen Freiheiten. Er förderte daher Politiker wie Henry Grattan, der in den 1780er- und 1790er-Jahren sehr einflussreich war, der aber auch die Biersteuer reduzieren wollte. Bereits 1760 wurde Guinness Mitglied der Dubliner Brewer’s Guild und 1767 erwählter „Master of the Dublin Corporation of Brewers“. Obwohl Arthur Guinness zum Ende seines Lebens sehr wohlhabend war, mied er das Rampenlicht und lebte eher zurückgezogen, lediglich ein einziges gesichertes Porträt von ihm ist überliefert.

 

Denkt man an Stout, dann denkt man an Guinness ... und umgekehrt (Quelle: Erik Jacobson auf Unsplash)
Denkt man an Stout, dann denkt man an Guinness ... und umgekehrt (Quelle: Erik Jacobson auf Unsplash)

 

Guinness' Vermächtnis

Arthur Guinness verstarb mit 77 Jahren am 23. Januar 1803 in Dublin und wurde im Familiengrab seiner Mutter in Oughterard im Kildare County beigesetzt. Die Guinness Brauerei hatte zu dieser Zeit einen Ausstoß von mehr als 20 000 Barrel, und ganz Dublin betrauerte den Tod seines Sohnes „Onkel Arthur“.

Sein 9000-Jahre-Pachtvertrag ist, genau wie seine erste Biersteuererklärung über Porter von 1778, im Guinness-Storehouse-Museum am St. James Gate ausgestellt. Der optimistische Pachtvertrag ist allerdings bereits seit einigen Jahren obsolet. Die Brauerei hat das Grundstück längst gekauft.

Auch Arthur Guinness’ Nachkommen waren erfolgreiche Geschäftsleute und Brauer. Im Jahr 1833 war die Guinness Brauerei die größte Brauerei Irlands. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts ging Guinness an die Börse und erlöste dabei etwa sechs Millionen Pfund, eine unerhörte Summe damals. Heute wird Guinness in 50 Ländern der Welt gebraut – mit unterschiedlichen Rezepten, in 150 Ländern vertrieben, die Marke gehört zum britischen Diageo-Konzern.