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Die bei den amerikanischen Craft Brewers so beliebte Gruppe der „extremen“ Biere ist keine „Sorte“ im eigentlichen Sinne, sondern eher eine sehr breit gestreute Bierkategorie. „Extrem“ heißt einfach, dass ein Bier in einem oder mehreren Parametern über das „Normale“ hinausgeht, wobei „normal“ natürlich selbst ein dehnbarer Begriff ist. Extreme Biere sind Grenzwertbiere, deren Superlative in den Bereichen Malzigkeit, Bittere, Alkohol oder in der Art der Zutaten liegen. In diesem Beitrag stellt euch Horst Dornbusch eine mögliche Interpretation dieses weiten Stils vor.

Zum Beispiel ist ein beliebtes extremes Bier der Amerikaner das „Fresh Hop Ale“, also ein Spezialbier, das nur zur Hopfenerntezeit mit frisch gezupftem, ungedarrtem Hopfen – so genanntem „wet hop“ (nassem Hopfen) – gebraut wird. Ein anderes definitiv extremes Bier ist das Samuel Adams Utopias, eines der stärksten Biere der Welt, dessen Hefe über Jahre in Holzfässern vorsichtig mit immer mehr zuckerhaltigen Zusätzen gefüttert wird, bis der Alkoholgehalt bei etwa 25 bis 30 Prozent liegt. Im Allgemeinen gilt jedoch, dass extreme Biere sowohl einen relativ hohen Alkoholgehalt (oft über 8 %) als auch eine extreme Bittere bzw. ein extremes Aroma aus typisch amerikanischen Hopfensorten aufweisen.

Während Traditionsbiersorten wie Porter, Stout, Bockbier oder Dunkel oft über Jahrhunderte organisch gewachsen sind und deren Definitionsmerkmale sich inzwischen relativ klar und einheitlich herauskristallisiert haben, sind die Definitionen der neuen, extremen Biere noch stark im Fluss. Zwar hat die amerikanische Brewers Association, als Organisator der Bierwettbewerbe des Great American Beer Festival und des World Beer Cup, tapfer versucht, die neuen Biersorten über konventionelle Parameter in den Griff zu bekommen, aber trotzdem ist es schwierig, Extremkategorien genau zu fixieren. Nur eines ist gewiss: Sie existieren.

 

Verschiedene Glasformen mit unterschiedlichen Bieren gefüllt
Ein American Extreme Ale kann sehr unterschiedliche Ausprägungen annehmen. Hauptsache extrem (Foto: Jon Parry auf Unsplash)

 

Eindeutige Stildefinition? Fehlanzeige!

So definiert die Brewers Association zum Beispiel ein American-Style Strong Pale Ale, welches ein erstklassiger Kandidat für „Bierextremismus“ ist, als einen Sud mit 12,5–15 Prozent Stammwürze, einem Restextrakt von 2–4 Prozent, einem Alkoholgehalt (Volumen) von 5,5–6,3 Prozent, einer Bittere von 40–50 BE sowie einer Farbe von 12–28 EBC. Ein American-Style India Pale Ale definiert sie dagegen als eine Sorte mit 14,7–18,2 Prozent Stammwürze, einem Restextrakt von 3–4,5 Prozent, einem Alkoholgehalt von 6–7,5 Prozent, einer Bittere von 50–70 BE sowie einer Farbe von 12–28 EBC. Es ist jedoch nicht klar, warum ein „starkes“ Ale mit 15,1 Prozent Stammwürze, 6,4 Prozent Alkohol und einer Bittere von 51 BE schon jenseits von nur „strong“ angesiedelt ist und daher bereits „IPA“ genannt werden muss. Gleichfalls ist nicht einsehbar, warum ein Bier als American-Style IPA disqualifiziert ist, wenn es 18,3 Prozent Stammwürze hat, sehr trocken bis auf einem Restextraktwert von 2,9 Prozent vergoren wird und mit 80 BE gehopft ist. Über die Rechtfertigung dieser Schwellenwerte dürfen daher vernünftige Menschen gewiss unterschiedlicher Meinung sein.

Besonders die Parameterdefinition der Brewers Association von „Pale American-Belgo-Style Ale“ – auch eine Bierart, die zum Extremen einlädt – bestätigt die den vielen neuen Bierkategorien eigene Entropie. Die Parameter dieser „Sorte“ werden nämlich für Stammwürze, Restextrakt, Alkoholgehalt und Bittere offiziell schlicht als „varies“ (variabel) angegeben. Nur die Farbe dieser amerikanischen Avantgarde-Sorte ist offenbar exakt definierbar: Sie soll bei 10-14 EBC liegen. Andere amerikanischen Sorten mit extremen Tendenzen haben Sortenbezeichnungen wie Dark American-Belgo-Style Ale, Imperial India Pale Ale, Double India Pale Ale, Double Imperial India Pale Ale, Imperial Red Ale, Double Red Ale, American-Style Sour Ale (with oder without fruit), American-Style India Black Ale, American-Style Stout, American-Style Imperial Stout oder American-Style Imperial Porter.

 

Ein Beispiel unter vielen

Aufgrund der vagen Definition von extremen Ales ist jedes Rezept einfach nur ein Beispiel von vielen, ohne verbindliche Brauanleitungen. Das hier vorgestellte Bier ist nur eine mögliche Interpretation von „extrem“ und zwar in der Form eines American Strong Pale Ale. Es hat einen typisch amerikanischen, fruchtig-zitrusartigen Hopfencharakter. Ester dürfen bei diesem Bieren in Erscheinung treten, jedoch sollten die Diacetylwerte relativ niedrig bleiben. Daher empfiehlt es sich, dieses Bier an der unteren Temperaturgrenze des gewählten Hefestammes langsam zu vergären, das Bier kurz vor Ende der Gärung einer Diacetylrast zu unterziehen und das Bier nach Erreichen des Endvergärungsgrades etwa zwei bis drei Wochen zu lagern. Die hier gewählten Hopfensorten sind ein Sammelsurium gängiger amerikanischer Sorten aus den Pazifischen Nordwest-Staaten. Die Karamellnoten der Malzschüttung kommen bei diesem Bier gut zum Tragen. Das hier präsentierte Rezept ist eine Adaption eines kommerziellen Bieres, welches in einem bekannten amerikanischen Brewpub mit Erfolg gebraut und verkauft wurde.

 

Das sagt das Rezept

Stammwürze: 15 Prozent
Restextrakt: 3,0 Prozent
Bittereinheiten: 60 BE
Farbe: 18 EBC
Alkohol: 6,1 Volumenprozent

 

Zutaten (gerundet) bei einer Sudhausausbeute von rund 65 Prozent für 20 Liter:

Malz Prozent kg
50/50-Mischung der englischen Spezialmalze Optic/Pearl, durch Wiener Malz ersetzbar 47 2,3
Pale Ale 43 2,1
Carahell 3,5

0,23

Caramünch 2,5 0,12
Melanoidin 2 0,1
Sauermalz 2 0,1
Gesamtschüttung 100 3,20

 

Hopfen Prozent Alpha g
Bitter: Centennial
10 12
Bitter: Warrior
15,4 8
Bitter: Simcoe
12,2 10
Flavor: Cascade 7,6 5
Flavor: Glacier 6,4 5
Flavor: Santiam 5,6 5
Aroma: Chinook 13 3
Aroma: Warrior 15,4 4
Aroma (Whirlpool): Columbus 15,5 19
Aroma (Hopback): Crystal (Dolden) 4,5 21
Aroma (Hopback): Cascade (Dolden) 7,6 21
Aroma (Hopback): Ahtanum (Dolden) 6 21

 

Hefe Amerikanische Chico-Hefe (U.S. 56 bzw. Safale US-05)

 

Infusionsverfahren. Einmaischen bei 66 °C. 45 min Rast. Maische nicht mehr rühren! Im Kreislauf pumpen bis die Würze blank läuft. Abläutern und gleichzeitig Maische langsam mit 82 °C Brauwasser überschwänzen. Dabei sollte der Wasserspiegel über der dicken Maische nicht unter 5 cm absinken. Überschwänztemperatur so justieren, dass die Maischetemperatur konstant bei 76 °C ± 1 °C bleibt. Kochen 90 min. Centennial nach 15 min Kochzeit; Warrior nach 15 min Kochzeit; Simcoe nach 60 min Kochzeit; Cascade nach 75 min Kochzeit; Glacier nach 80 min Kochzeit; Santiam nach 80 min Kochzeit; Chinook nach 85 min Kochzeit; Warrior nach 85 min Kochzeit. Columbus in den Whirlpool. 30 min Whirlpool. Gärung 7 Tage bei 18 °C bis 21 °C. 2 Tage Diacetylrast bei etwa 18 °C bis 20 °C. Temperatur, wenn möglich, auf 10 °C oder niedriger herunterfahren. Schlauchen. Die drei Doldenhopfen in Musselinbeuteln an einer langen Metzgerschnur in den Tank zum Hopfenstopfen hängen. Nachgärung 2 bis 3 Wochen. Schlauchen. Mit CO2 anreichern (etwa 4,5 g/l). Abfüllen.