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Wie ist das eigentlich mit den Bitterstoffen aus Hopfen in stark, evtl. sogar kalt gehopften Bieren?. Wie lassen sich diese weiteren Bitterstoffe messen und wie wirken sie sich auf die Qualität der Bittere aus? Adrian Forster, Florian Schüll und Andreas Gahr bringen euch auf den neuesten Stand.

Hopfen enthält neben den Alpha-Säuren auch eine Vielzahl anderer Komponenten, wie zum Beispiel die Beta-Säuren. Da sie in Würze nur begrenzt löslich sind, nicht isomerisieren und sich im Bier nur in Spuren finden, wird ihr sensorischer Beitrag im Bier häufig angezweifelt. Auch andere Bittersubstanzen, die in Hopfen und Bier nachweisbar sind, werden in ihrer Bedeutung für den Biergeschmack völlig unterschiedlich bewertet.

Hopfen hat nicht nur Alpha-Säure zu bieten
Hopfen hat nicht nur Alpha-Säure zu bieten

 

Definition von Hopfenbegleitbitterstoffen

In den letzten Jahren haben sich für Bitterstoffe im Bier, die nicht Iso-Alpha-Säuren sind, verschiedene Begriffe etabliert. Im Folgenden wird der Begriff Hopfenbegleitbitterstoffe benutzt. Darunter fallen alle Bittersubstanzen im Bier, die keine Iso-Alpha-Säuren darstellen. Dazu gehören folgerichtig auch nicht-isomerisierte Alpha-Säuren.

Alle Aussagen und Versuchsanstellungen basieren auf der Verwendung von „frischem“ Hopfen. „Frisch“ bedeutet in diesem Fall: Gelagerter und innerhalb von ein bis acht Monaten zu einem vor Oxidation geschützten Produkt verarbeiteter Hopfen. Bei kühler Lagerung unter 5 °C sind die Qualitätsverluste tolerierbar.

 

Maßzahl für Hopfenbegleitbitterstoffe im Bier

Will man die Hopfenbegleitbitterstoffe erfassen, stößt man auf zwei Probleme. Es muss erst noch eine einfache Methodik definiert werden, die einen Indikator für die Menge an vorliegenden Nicht-Iso-Alpha-Säuren im Bier liefert. Und es muss eine Kennzahl im Hopfen gefunden werden, die einen Zusammenhang zu diesem Indikator im Bier herstellt.

Es gibt zwei EBC-Methoden, um die Bierbittere zu bestimmen. Eine spezifische Methode A ermittelt den Gehalt an Iso-Alpha-Säuren in mg/L. Die übliche, unspezifische Methode B erfasst neben den  Alpha-Säuren auch die übrigen Begleitbitterstoffe. Die Ergebnissen der Methode B in IBU und der Methode A in Iso-Alpha-Säuren können zueinander ins Verhältnis gesetzt werden, IBU:Iso-Alpha-Säure. Der Quotient stellt ein Maß für die relative Menge an Begleitbitterstoffen, Nicht-Iso-Alpha-Säuren, dar.

Ein weiterer Zusammenhang leitet sich aus folgender Beobachtung ab. Wird Extrakt aus Hoch-Alpha-Hopfen verwendet, liefern Methode B und Methode A annähernd gleiche Ergebnisse, der Verhältniswert liegt bei etwa 1,0. Biere, die mit Hoch-Alpha-Pellets gebittert werden, liegen etwas darüber bei ca. 1,03. Mit Perle-Pellets ergeben sich etwa 1,1. Die Dosage von 100 g/hl traditionellen Aromasorten führt zu Werten um 1,3. Steigert man die Menge bis 500 g/hl, erzielt man ein Verhältnis IBU:Iso-Alpha-Säuren von bis zu 2,0.

Verteilung der Relation von IBU:Iso-α-Säuren bei verschiedenen Hopfungsarten
Verteilung der Relation von IBU:Iso-α-Säuren bei verschiedenen Hopfungsarten

 

Da sich ein Großteil der Hopfenbegleitbitterstoffe von den Beta-Säuren ableitet, lässt sich noch ein weiterer interessanter Schluss ziehen: Über das Verhältnis Beta:Alpha-Alpha in Hopfen kann der Bogen zu den Hopfenbegleitbitterstoffen(IBU:Iso-Alpha-Säuren) im Bier geschlagen werden.

 

Sensorische Ergebnisse zu Hopfenbegleitbitterstoffen

Und hat das jetzt auch Bedeutung für die Praxis? Ja, denn Brauversuche bestätigen: Hopfenbegleitbitterstoffe aus frischem, oxidativ nicht geschädigtem Hopfen runden die Bierbittere ab. Mit Aromahopfen in mehreren Gaben komplex gehopfte Biere weisen deutlich höhere IBU als Iso-Alpha-Säuren auf. Das Verhältnis IBU:Iso-α-Säuren kann über 2,0 ansteigen. In diesem Fall kommen die Bittereinheiten aus Begleitbitterstoffen auf eine ähnliche Größenordnung wie die Bittereinheiten aus Iso-Alpha-Säuren. Ein wesentlicher Teil der Bittereinheiten speist sich also aus Begleitbitterstoffen. Die Brauversuche und anschließenden sensorischen Beurteilungen haben gezeigt, dass die Bittere von Bieren mit höheren Verhältniszahlen von IBU:Iso-Alpha-Säuren weniger hart und anhängend ist. Die Bittere wird insgesamt also harmonischer und angenehmer wahrgenommen.

Kurz: Der Einsatz deutlicher Mengen an Aromahopfen, auf mehrere Gaben verteilt, beeinflusst nicht nur das Aroma des Bieres, sondern rundet auch die Bittere ab.

Große Mengen Aromahopfen, auf mehrere Gaben verteilt, runden die Bittere ab
Große Mengen Aromahopfen, auf mehrere Gaben verteilt, runden die Bittere ab

 

Technologische Einflussfaktoren

Es gibt einige Regeln, wie ihr die Menge an Hopfenbegleitbitterstoffen beeinflussen könnt:

  • Verwendet Hopfen mit einem höheren Beta:Alpha-Verhältnis, das sind im wesentlichen Aromahopfen. Neben den traditionellen Landsorten wie Saazer, Spalter, Tettnanger, Hallertauer mfr. und Hersbrucker mit einem Wert für Beta-zu-Alpha von 1,3 bis 2,4 sticht der Saphir mit 1,9 hervor. Hallertau Tradition, Spalter Select, Opal und Smaragd liegen bei 0,8 bis 1,0.
  • Bei Hoch-Alpha-Hopfen liegt das Verhältnis von Beta:Alpha nur bei etwa 0,4. Damit ist das Potential von Hoch-Alpha-Hopfen für relevante Mengen an Begleitbitterstoffen begrenzt.
  • Kurze Kochzeiten erhöhen das Verhältnis IBU:Iso-Alpha-Säuren. Viele der Begleitbitterstoffe lösen sich aus Hopfen und bedürfen keiner langen Kochzeit. Dem steht eine geringere Bildung von Iso-Alpha-Säuren gegenüber, was zu einer Betonung der Begleitbitterstoffe führt. Einer qualitativ positiven Wirkung steht allerdings eine wirtschaftlich schlechtere Ausnutzung der Alpha-Säuren gegenüber.
  • Auch beim Hopfenstopfen gehen Bittersubstanzen ins Bier über, ohne dass Iso-Alpha-Säuren entstehen. So wurden in ausschließlich hopfengestopften Bieren bei Dosagen von 500 g Hopfen/hl Bitterwerte von bis zu 28 IBU gemessen bei lediglich einem mg/l Iso-Alpha-Säuren.

 

 

Für alle, die sich noch tiefer in die Thematik einlesen wollen, sei zum einen der Artikel, auf dem dieser Text beruht, empfohlen, erschienen in der BRAUWELT Nr. 11-2018

Der Artikel wiederum stützt sich auf folgende Quellen:

1.         Biendl, M.; Engelhard, B.; Forster, A.; Gahr, A.; Lutz, A.; Mitter, W.; Schmidt, R.; Schönberger, C.: Hopfen – Vom Anbau bis zum Bier; Fachverlag Hans Carl, Nürnberg, 2012.

2.         Dresel, M.; Vogt, C.; Dunkel, A.; Hofmann, T.: „The Bitter Chemodiversity of Hops (Humulus lupulus L.)”, J. Agric. Food Chem. 64 (41), 2016, S. 7789-7799,

3.         Haseleu, G.: Sensorische, strukturanalytische und quantitative Studien zu Bitterstoffen aus Hopfen (Humulus lupulus L.) und deren Beitrag zum Bittergeschmack von Bier, Dissertation, TU-München, 2010.

4.         Haseleu, G.; Intelmann, D.; Hofmann, T.: „Structure, determination and sensory evaluation of novel bitter compounds formed from beta-acids of hop (Humulus Lupulus L.) upon wort boiling”, Journal of Food Chemistry, 2009, S. 71-81.

5.         Hopfen aus Deutschland, Sortenmappe der Centralen Marketing-Gesellschaft der deutschen Agrarwirtschaft (CMA), 2005.

6.         Verband Deutscher Hopfenpflanzer e.V. (Hrsg.): Hops from Germany – Pocket Guide, 2017.

7.         Forster, A.; Gahr, A.: „Der Einfluss der Hopfung auf die Bierqualität“, BRAUWELT Nr. 48-49, 2010, S. 1547-1551.

8.         Forster, A.; Gahr, A.: „Aromahopfen und die Herstellung von Bieren mit reduziertem Alkoholgehalt“, BRAUWELT Nr. 18, 2011, S. 562-566.

9.         Forster, A.; Gahr, A.: „Die Herstellung und Hopfung alkoholarmer Biere“, BRAUWELT 14-15, 2013, S. 397-406.