Das obergärige "Alte Braune" (Oud Bruin auf Flämisch) ist untrennbar mit der belgischen Region Flandern (Vlaanderen auf Flämisch und Flandre auf Französich) verbunden. Es existiert in zwei Grundschattierungen: Einem tiefbraunen Bier, welches vornehmlich im östlichen Flandern in den Brauzentren Gent und Oudenaarde gebraut wird und einem burgunderroten Bier, welches vornehmlich im westlichen Flandern im Brauzentrum Roeselare gebraut wird. Unser Autor Horst Dornbusch stellt euch in diesem Beitrag ein Rezept für ein "ostflandrisches Oud Bruin" vor.
Unterschiede bei Fermentation und Lagerung
Der große englische Bierschriftsteller Michael Jackson erachtete die beiden Oud Bruins als zwei ganz verschiedene Sorten, wobei er nur das ostflämische Bier als echtes Oud Bruin ansah und das westflämische sehr saure Bier als "Belgian Red Ale" bezeichnete. Die wesentlichen Unterschiede zwischen den beiden Oud-Bruin-Interpretationen liegen in der Gärungsflora und in den Reifungsmethoden. Während das östliche Oud Bruin mit einer Kombination von Hefe und Lactobacillus vergoren und dann (heutzutage) in Metallbehältern gereift wird, wird das westliche Oud Bruin mit Hefe, Lactobacillus und auch oft mit Bettanomyces ("Brett") in Metallbehältern vergoren, aber dann lange (bis zu 18 oder sogar 24 Monaten) in riesigen Eichenholzbottichen oder -fässern gereift, welche natürlich ebenfalls mit Lactobacillus geimpft sind. Das Ergebnis der letzteren Prozedur wird oft als Foederbier (Flämisch für Fassbier) bezeichnet. Aufgrund dieser unterschiedlichen Verfahrensweisen ist das östliche Oud Bruin oft nur leicht bis sehr leicht säuerlich, wohingegen das westliche Oud Bruin meistens einen dominant-sauren Charakter hat. Alte und junge Oud Bruins werden vor dem Abfüllen oft verschnitten. Auch werden einige Oud Bruins vor dem Abfüllen oft mit Zucker für eine Flaschengärung geimpft. Flämische Biere – wie das in Belgien oft der Fall ist – sind generell schwierig unter einen Hut zu bringen, denn in der idiosynkratrischen belgischen Bierkultur variieren Biere, die hypothetisch ähnlich sind, oft stärker von einer Brauerei zur anderen als hypothetisch unähnliche Biere von einer Sorte zur anderen. Deshalb bestehen viele belgische Brauer sogar darauf, dass man in Belgien eigentlich keine "Biersorten" sondern nur "Biere" kennt. Das hier vorgestellte Rezept für das ostflandrische Oud Bruin ist daher kein "Kopie" einer bestimmten Biermarke, sondern eine generische Zusammenfassung typischer Charakteristiken der östlichen Oud-Bruin-Orientierungen.
Die Sudhausverfahren für die beiden Biere sind im Großen und Ganzen identisch. Der Einfachheit halber wird der Milchsäure-Charakter beider Biere hier mit Hilfe von Sauermalz in der Maische statt mit Lactobacillus im Gärbehälter erzielt, was natürlich niemanden davon abhalten soll, mit Lactobacillus im Tank zu experimentieren. Auch die Arbeit mit Brett ist in einer Brauerei, die auch andere Biere herstellt, immer riskant. Wer es wagt, kann dem östlichen Oud Bruin Brett-Präparationen während der Hauptgärung, der Nachgärung oder der Holzfassreifung hinzufügen. Die sicherste Methode ist gewiss, mit Oud Bruin gefüllte neue oder gebrauchte Holzfässer mit Brett zu impfen und danach diese Fässer radikal auf immer von der normalen Bierproduktion zu isolieren.
Vielseitige Schüttung
Beide Oud-Bruin-Interpretationen haben ein ausgesprochen starkes Malzrückgrat und viele fruchtige Esterkomponenten. Obwohl in den hier präsentierten Rezepturen nicht benutzt, haben einige Oud Bruins auch einen ganz winzigen Anteil von Röstmalz in der Schüttung. Zusätzlich werden besonders die Oud Bruins aus dem westlichen Flandern oft (aber nicht immer!) mit belgischem Brauzucker in der Pfanne verarbeitet. Dabei produziert rein rechnerisch ungefähr 1,75 kg/hl Zucker etwa 1 Prozent zusätzlichen Alkohol. Die Eckdaten in den hier beschriebenen Rezepturen sind alle ohne Zuckerzugabe berechnet. Die westlichen Biere haben auch neben den sauren Komponenten von Lactobacillus und Brettanomyces aufgrund der langen Reifung in Holzbottichen oder –fässern oft leichte Madeira- bzw. Sherry-ähnliche Oxidationskomponenten. Der Hopfencharakter beider Biere ist bei ungefähr 20 BE bzw. maximal 25 BE nur gering – manche Version haben sogar kaum mehr als 14 BE – und der Abgang ist immer ausgesprochen trocken.
Das sagt das Rezept
Stammwürze: 14 Prozent
Restextrakt: 3,5 Prozent
Bittereinheiten: 20 BE
Farbe: 44 EBC
Alkohol: 5,6 Volumenprozent
Zutaten (gerundet) bei einer Sudhausausbeute von rund 65 Prozent für 20 Liter:
Malz | Prozent | kg |
Pale Ale | 30 | 1,37 |
Pilsner | 25 | 1,13 |
Wiener | 20 | 0,91 |
Weyermann Carabelge® | 20 | 0,91 |
Sauermalz | 5 | 0,22 |
Gesamtschüttung | 100 | 4,54 |
Hopfen | Prozent Alpha | g |
Bitter: Northern Brewer | 8 | 12 |
Aroma: Steirischer Golding | 5 | 17 |
Hefe | Belgische obergärige Hefe (plus optional Lactobacillus-Kultur) |
Infusionsverfahren. Bei 66 °C einmaischen. 90 min Rast. Temperatur auf 76 °C ± 1 °C hochfahren. Als Alternative können diese Biere auch in Stufen per Infusion oder Dekoktion mit Temperatur- und Rastwerten von 52 °C/20 min; 62 °C/40 min; und 72 °C/40 min eingemaischt werden. Im Kreislauf pumpen bis die Würze blank läuft. Abläutern. 90 min kochen. Bitterhopfen nach 5 min. Aromahopfen nach 75 min. Whirlpool. Gärung für etwa 20 bis 30 Tage. Schlauchen. 2 bis 4 Wochen lagern. Mit CO2 anreichern (3,8–4,8 g/l) oder für eine Flaschengärung mit Zucker "impfen".
Das sagst du!
Hast du schon ein Oud Bruin getrunken? Eins gebraut? Oder ist es dir zu riskant mit Laktobacillus und Brettanomyces deine Brauwerkstatt zu kontaminieren? Wir sind wie immer auf deine Kommentare unter info (@) gradplato.com gespannt!