Bier wird in Deutschland nicht mehr nur getrunken, Bier wird selbstgemacht! Das Thema Hobbybrauen boomt, zu sehen auch an der Teilnehmerzahl der 2. Deutschen Hobbybrauermeisterschaft der Störtebeker Braumanufaktur. 120 Hobbybrauer haben sich der Herausforderung gestellt, das beste Witbier für den Wettbewerb zu brauen.
Hobbybrauer aus allen Bundesländern reisten mit ihren Bieren nach Stralsund, um sich einer Jury aus Fachleuten zu stellen; im vergangenen Jahr waren es „nur“ 80 Hobbybrauer. 2017 überzeugte Nico Leffler mit seinem Hellen Bock. Wer den zuhause nachbrauen möchte, findet hier das passende Rezept.
In diesem Jahr konnten die Hobbybrauer selbst entscheiden, welches Bier sie brauen wollen. „Für die Wahl des Wettbewerbsbieres haben wir uns in diesem Jahr Input von außen geholt und wollten wissen, welche Bierstile die Hobbybrauer spannend finden“, erklärt Jens Reineke, Innovationsmanager der Störtebeker Braumanufaktur. „Wir haben natürlich ein paar Stile vorgegeben, die sich dann bei uns auch umsetzen lassen, da das Gewinnerbier bei uns auf der großen Anlage eingebraut wird. Am Ende hat dann das Witbier knapp vor dem Altbier das Rennen gemacht.“
Witbier – Koriander, Orangenschale und vieles mehr
Ein Witbier sollte es also sein. Für viele Hobbybrauer sicher eine neue Herausforderung. Die Anforderungen waren klar formuliert: helles Strohgelb, durchgehende Trübung, fulminante Schaumkrone, kräftige Kohlensäure, Weizen-Rohfruchtanteil, frische Koriandernote, Orangenschalen, Zitrusaromen und mit Gewürzen verfeinert. Auch für Vorjahressieger Nico Leffler komplettes Neuland: „Beim Hellen Bock hatte ich Vorerfahrung, ein Witbier hatte ich jedoch noch nie gebraut. Tatsächlich habe ich auch nur den einen Sud gebraut, den ich jetzt auch eingereicht habe.“
120 Witbiere galt es dann also am Vormittag des 29. September zu verkosten. Die Jury, bunt zusammengemischt aus Biersommeliers, Brauern, Journalisten, Bierbotschaftern und Bierexperten, bewertete alle Biere ausführlich und wählte in der Vorrunde immer aus einem Flight von sechs Bieren ihren Favoriten. Übrig blieben 16 Witbiere, die ins Halbfinale einzogen. „Im Halbfinale war das Niveau der Biere noch sehr gemischt und es konnten vier eindeutige Favoriten ermittelt werden“, berichtet Biersommelier und Jurymitglied Hans Wächtler. „Im Finale wurde es dann richtig spannend und wir hatten zum Glück mit Hanno Fink von Hoegaarden einen echten Witbierexperten am Tisch. Das Siegerbier hat uns besonders durch die spritzige Rezenz überzeugt. Es haben einfach alle Elemente gestimmt, von der hellen Farbe, einem guten Schaum, bis zu den eindeutigen Koriander- und Orangennoten. Das Gewinner-Wit hatte das perfekte Wechselspiel aus Säure und Fruchtigkeit.“ Brauer dieses Gewinner-Wits ist Markus Krenkler.
2. Deutscher Meister der Hobbybrauer: Markus Krenkler
Markus Krenkler ist 46 Jahre alt, kommt aus Seevetal in Niedersachsen, ist von Beruf Ingenieur im Chemie- und Kunststoffbereich und nun 2. Deutscher Meister der Hobbybrauer. Mit dem Sieg hatte er nicht gerechnet, denn schließlich braut er erst seit Dezember 2017. Auch das Thema Witbier war für ihn neu. „Witbier war zunächst einmal komplett fremd für uns. Wir haben uns daher erst mal einige Witbiere besorgt und uns in das Thema reingetrunken. Zusätzlich habe ich mich auch mit der Geschichte und dem klassischen Witbier beschäftigt. Dann ging es darum, verschiedene Rezepturen rauszusuchen und daraus dann ein eigenes Rezept zu entwickeln. In Testsuden habe ich dann mit verschiedenen Hefen experimentiert, wie zum Beispiel einer typisch deutschen Weizenhefe“, erklärt Markus, wie er gemeinsam mit seinem Hobbybrauerkollegen Jan an die Sache rangegangen ist.
„Die größte Herausforderung war es tatsächlich zu entscheiden, wie nah man am Bierstil bleibt oder ob man den Bierstil neu interpretiert. Ich habe mich dann dafür entschieden, mit den Rohstoffen, bis auf die Hefe und den Hopfen, nah am Original zu bleiben. Also mit Naturweizen, Koriander und Bitterorange. Bei der Hefe habe ich dann etwas experimentiert und mich für eine deutsche Trockenhefe entschieden, die auch im Bereich belgischer Ales gerne eingesetzt wird.“ Der Plan ging auf und machte ihn zum Sieger. „Ich denke, am Ende war es die perfekte Kombination aus Naivität und Experimentierfreude, die dazu geführt hat.“ Ende des Jahres wird sein Rezept dann in Stralsund eingebraut und auf den Markt gebracht.
Der Publikumspreis – hier ist Kreativität gefragt
Neben dem Wettbewerbsbier durften alle Hobbybrauer noch einen Sud ihrer Wahl mitbringen, um diesen auf dem Bierfestival dem Publikum vorzustellen. „Für den Kreativpreis ist kein Bierstil vorgegeben und jeder kann das mitbringen, was er möchte. Die Jury sind in diesem Fall die rund 1300 Besucher unseres Festivals, das im Rahmen der Meisterschaft stattfindet“, erklärt Reineke den zweiten Wettbewerb des Tages. „Die Besucher stimmen mit einem Chip ab, den sie an den Hobbybrauer geben, dessen Kreativbier ihnen am besten gefällt. Das Bier mit den meisten Chips gewinnt.“
Neben Ruhm, Ehre und einem bierigen Sachpreis wird das beste Kreativbier dann in Berlin bei BRLO eingebraut. Die Auswahl und Vielfalt, die die Hobbybrauer auf dem Event präsentierten, war groß. Besonders hier zeigt sich die Experimentierfreude und Kreativität, die scheinbar alle Hobbybrauer in sich tragen. Von einem Tannenbier über ein Bier aus Kartoffeln bis hin zu exotischen Zutaten wie Ingwer und Zitronengras, es war für jeden Geschmack etwas dabei. Durchsetzen konnten sich schließlich die Jungs von Tandembräu aus Berlin mit ihrem Irish Red Ale.
Home & Craft by drinktec
Wo informieren sich Hobbybrauer, woher bekommen sie ihr Equipment und das Know-how zum Hobbybrauen? Die meisten wohl im Internet, in Foren und durch Bücher. Mit der Home & Craft by drinktec, die in diesem Jahr zum ersten Mal im Rahmen der Deutschen Meisterschaft der Hobbybrauer stattfand, wurde den Hobbybrauern eine einmalige Plattform geboten. Die Hobbybrauer konnten sich bei 30 Ausstellern informieren, persönliche Gespräche führen und sich inspirieren lassen. Zusätzlich gab es fünf Vorträge, die alle mit 60 Teilnehmern ausgebucht waren. Das Interesse war groß und das Angebot soll in den kommenden Jahren ausgebaut werden. Mit Vorträgen auf Workshop-Niveau soll es um Themen wie Rohstoffe, Sensorik und Verkostungen gehen. „Es ist vorbildlich, dass eine Institution wie die drinktec so viel Weitblick hat, dass sie solche Projekte unterstützt“, so Hans Wächtler.