Mr. Budweiser | Sein Lebenswerk, die Vielseitigkeit und der geschäftliche Erfolg reihen Adolphus Busch mit Fug und Recht unter den „Giganten der Biergeschichte“ ein. Aber auch sein Privatleben ist bemerkenswert. Er war der amerikanische Gründervater der Busch-Dynastie, die als eine der prominentesten Familien der USA über Jahrzehnte zuverlässig schillernde Schlagzeilen lieferte. Dabei liegen seine Wurzeln, wie bei vielen Emigranten des 19. Jahrhunderts, in Europa, genauer gesagt: in Mainz.
Im Mainzer Stadtteil Kastel, einer Exklave auf der anderen Rheinseite, heute zu Wiesbaden gehörend, erblickte Adolphus Busch am 10. Juli 1839 als Sohn des Hopfenhändlers Ulrich Busch und seiner Frau Barbara das Licht der Welt. Er war das jüngste von 21 Kindern; der Vater war bereits 60 Jahre alt – nicht eben die beste Voraussetzung für einen erfolgreichen Start ins Leben. Als Aldolphus fünf Jahre alt war, starb seine Mutter, mit 13 Jahren wurde er Vollwaise. Dennoch ermöglichte es ihm sein Erbe und wohl auch die Unterstützung der älteren Geschwister, in Mainz das Gymnasium und in Darmstadt eine Akademie zu besuchen und sogar in Brüssel zu studieren – und all dies vor seinem 18. Geburtstag!
Denn mit 18 Jahren setzte er seinen Entschluss um und wanderte nach Amerika aus. Er emigrierte zusammen mit drei Brüdern (Johann, Ulrich und Anton), die allesamt dem Vater nacheiferten und ins Brauereigeschäft oder den Hopfenhandel einstiegen.
Den jungen Adolphus zog es nach St. Louis in Missouri. Er arbeitete anfangs für das Großhandelshaus William Hainrichshofen, das war seine Lehrzeit als Kaufmann. Im Jahr 1861 kämpfte er dann drei Monate lang als Soldat auf der Seite der Nordstaaten, bevor er den Dienst quittierte. Sein Erbe aus Deutschland ermöglichte ihm den Einstieg in die Großhandelsfirma Ernst Wattenberg. 1865 kaufte er seinen Partner aus und führte das Unternehmen als Großhandelshaus für Brauereibedarf „Adolphus Busch & Co.“ weiter. Denn St. Louis bot günstige Bedingungen für Brauereien: Die mächtigen Ströme Mississippi und Missouri lieferten reichlich gutes Wasser und rund um die Stadt lagen viele natürliche Höhlen, die sich perfekt zur kalten Lagerung der Bierfässer eigneten. Die ersten Brauereien dort waren bereits von deutschen Emigranten gegründet worden. Adam Lemp und sein Sohn William gelten als erste Brauer in der Region und beide waren bereits sehr reich, was sie von ihren Rivalen im Alkoholgeschäft, den Whiskybrennern, unterschied.
Als Abenteurer von Mainz nach Missouri
Es war keine Frage, der ehrgeizige und geschäftstüchtige Busch wollte sein Stück vom Profit der Brauereien abhaben, und stieg deshalb in den Handel mit Brauerei-Materialien ein. Einer seiner Kunden wurde der reiche Geschäftsmann Eberhard Anheuser. Der stammte aus Bad Kreuznach, war also ein Landsmann des jungen Adolphus Busch. Man kann davon ausgehen, dass sie sich nicht nur durch die gemeinsame Muttersprache gut verstanden. Anheuser war etwa 35 Jahre älter als Busch (es gibt widersprüchliche Angaben zu Anheusers Geburtsdatum) und 14 Jahre vor diesem in die USA gekommen. Über Cincinnati hatte es ihn nach St. Louis verschlagen. Dort war er mit Kerzen und Seifen schnell zu einem großen Vermögen gelangt. Durch fällige Kredite und Übernahme der Schuldscheine der insolventen Bavaria Brauerei war Anheuser zum Brauereibesitzer aufgestiegen. Und da Buschs Geschäft die Belieferung von Brauereien mit Material aller Art war, belieferte er auch die Brauerei, die nun unter dem Namen E. Anheuser & Company fungierte.
Adolphus und sein Bruder Ulrich warfen überdies jeder ein Auge auf die Töchter des wohlhabenden Eberhard Anheuser. Der sechs Jahre ältere Ulrich umgarnte die ältere Tochter Anna, Adolphus machte Elisa, die alle nur „Lilly“ nannten, schöne Augen – mit Erfolg. Anheuser sah wohl das Potential der ehrgeizigen Männer aus seiner alten Heimat und willigte in eine Doppelhochzeit ein. Am 7. März 1861 gaben in der deutschen evangelisch-lutherischen Kirche „Zum Heiligen Geist“ zwei Brüder zwei Schwestern das Ja-Wort. Und es spricht Bände, dass Adolphus zu seiner eigenen Hochzeit zwanzig Minuten zu spät kam, weil er unterwegs noch ein schnelles Geschäft abschließen konnte! Ulrich zog mit Anna nach Chicago und ging dort seinen Geschäften mit Brauereibedarf nach. Adolphus blieb in der Nähe seines Schwiegervaters und machte Geschichte.
Entstehung der Anheuser-Busch Brewing Association
Denn Anheuser war zwar ein großartiger Geschäftsmann, aber kein Brauer. Und so wuchs sein Schwiegersohn in eine Vertrauensposition hinein, als Brauereifachmann und Familienmitglied genoss er doppelte Wertschätzung. Drei Jahre nach der Hochzeit wurde Busch Mitglied der Geschäftsleitung der Brauerei. Fünf Jahre noch saß er in beiden Sätteln – Kaufmann und Brauereichef – bevor er seinen Anteil am Handelshaus verkaufte und von William O’Dench eine Hälfte der Brauerei seines Schwiegervaters übernahm.
Innerhalb von nur zehn Jahren führte Busch die Brauerei an die Spitze der USA. Er war umtriebig, technisch versiert, neugierig und Innovationen gegenüber sehr offen. Er reiste viel, und in Europa hörte er von den mikrobiologischen Experimenten und Erfolgen Louis Pasteurs. So war er der Erste, der die Pasteurisation beim Bier im amerikanischen Markt einführte; eine Maßnahme, die im späten 19. Jahrhundert die Haltbarkeit des Bieres schlagartig enorm verbesserte. Zum Dank wurde die Brauerei 1879 in „Anheuser-Busch Brewing Association“ umbenannt.
Ein Jahr später starb sein Schwiegervater, und Adolphus Busch war nun Präsident der größten Brauerei der USA. Nicht nur die Brauerei wuchs, auch die Familie. Lilly brachte bis zum Ende des Sezessionskriegs 1865 bereits eine Tochter und zwei Söhne zur Welt. Zehn weitere Kinder sollten bis 1884 folgen, die meisten überlebten das Kindbett.
Die Marke Budweiser
Adolphus Buschs wahrer Coup sollte aber noch kommen. Busch hatte immer wieder betont, dass sein Traum die Schaffung eines wahren „amerikanischen Bieres“ sei. Dazu brauchte es einen passenden Namen. Leicht auszusprechen im Englischen, doch mit klaren europäischen Wurzeln, und dazu unverwechselbar.
Seit einigen Jahren hatten böhmische Emigranten mit Erfolg Bier gebraut, das sie nach ihrer Heimatstadt Budweis benannt hatten. Der Name „Budweiser“ gefiel Busch, also brachte seine Brauerei bereits 1876 das erste Budweiser auf den Markt; es hatte ein markantes Etikett, dessen Design bis heute wenig verändert wurde. Allerdings war dies (noch) eine Auftragsarbeit für Buschs Freund Carl Conrad, einen offenbar weniger geschäftstüchtigen Importeur für Wein und Champagner. Conrad war im Besitz der Markenrechte für ein Bier namens „Budweiser“ und wird heute allgemein als Schöpfer dieser Marke angesehen. Carl Conrad strickte die Legende, dass er das Rezept von böhmischen Mönchen erhalten hätte, und weder er noch Busch scherten sich anfangs um die Vorläufer der böhmischen Emigranten oder gar um das Original-Bier aus Budweis und deren eventuelle Rechte. Ein Verhalten, das danach jahrzehntelange Rechtsstreitigkeiten nach sich zog. Aber das ist eine andere Geschichte …
1882 hatte Conrads Firma jedoch 300.000 Dollar Schulden angehäuft, daher meldete er Bankrott an. Allein 94.000 Dollar schuldete er der Anheuser-Busch Brauerei, und so übernahm Busch die Firma Conrads mitsamt Rezepten und Markenrechten. Nun war er offiziell im Besitz der Rechte für Budweiser und verklagte jeden, der diesen Namen in den USA verwendete. Mit den Brauern in Budweis einigte man sich einstweilen mit Abfindungen und Abmachungen über territoriale Aufteilung des Namens. Diese hielten einige Jahrzehnte und wurden erst mit dem Fall des Eisernen Vorhangs und dem EU-Beitritt der Tschechischen Republik wieder ein Fall für die Gerichte.
Nun aber begann der wahre Erfolg der Marke Budweiser in den USA. Busch änderte das Rezept, verwendete andere Rohstoffe (z. B. amerikanischen Mais), machte das Bier heller, leichter und schlanker – und somit trinkbarer für das amerikanische Bürgertum.
Buschs weitere Erfolgsfaktoren als Geschäftsmann
Busch diversifizierte. Er begann 1883 mit der Glasproduktion und betrieb inzwischen auch die größte Eismaschine der Welt. Er baute eigene Bahnlinien – sein persönlicher Zug hieß „Adolphus“ – und kaufte Kohlengruben. Möglichst viel, was zum Betrieb der Brauereien notwendig war, sollte aus eigener Produktion stammen. Er stieg ins Bankgeschäft ein und wurde Hotelier. Als einer der Ersten erkannte er die Vorteile des neu erfundenen Dieselmotors und beschloss, den Erfinder persönlich zu treffen. Er reiste nach Baden-Baden und fragte Rudolf Diesel, wieviel die Lizenz kosten würde, den Dieselmotor exklusiv für die USA zu fertigen. Diesels legendäre Antwort „Eine Million Deutsche Mark“ (umgerechnet ca. 238.000 Dollar) konterte Busch, indem er ungerührt einen Scheck über diese Summe ausstellte. Von nun an baute er auch Dieselmotoren.
Buschs Erfolg ist auf seine Vielseitigkeit zurückzuführen. Er war ein guter Techniker, aber auch Kaufmann und Marketingexperte, der instinktiv wusste, was der Markt verlangte. Er wurde ein Meister der Profitmaximierung. Er bekämpfte seine Konkurrenten – besonders den Brauer Frederick Pabst in Milwaukee betrachtete er als seine Nemesis – abwechselnd knallhart, dann wieder schmeichelnd mit Vorschlägen zu Preisabsprachen, die heute wohl allgemein als illegal betrachtet würden. Der Kontrast zu Adolph Coors (siehe Teil 3 dieser Reihe, BRAUWELT Nr. 19-20, 2020, S. 493–495 in Person und Geschäftsgebaren könnte kaum größer sein, obwohl beide sehr erfolgreich waren.
In Buschs Residenz in St. Louis gab sich die Prominenz die Klinke in die Hand. Sarah Bernhard, Enrico Caruso oder Theodore Roosevelt zählten zu den regelmäßigen Gästen. Sein Reichtum erlaubte ihm auch philanthropisches Wirken. Er förderte die deutsche Kultur in den USA, spendete große Summen für Kunst und Wirtschaft in seiner neuen Heimat. Familiär entwickelte sich hingegen nicht immer alles zum Besten. Einige Kinder starben vor ihren Eltern.
Lilly Busch jedoch wurde über 80 Jahre alt und regierte die Großfamilie bis zu ihrem Tod 1928 unangefochten. Adolphus Busch wurde 74 Jahre alt. Er starb am 10. Oktober 1913 während einer Deutschlandreise, in der nach seiner Frau benannten Villa Lilly in Lindschied im Taunus. Seine sterblichen Überreste wurden später nach St. Louis überführt und ruhen seither im Busch Mausoleum im Bellefontaine Cemetery.
Gemischtes Fazit
Adolphus Busch wird von seinen Kritikern gerne in die Ecke der „Raubtierkapitalisten“ im sogenannten „Gilded Age“ („Vergoldetes Zeitalter“) der USA gestellt, zusammen mit den Rockefellers, Vanderbilts, Morgans oder Carnegies. Einige seiner Methoden waren offenbar tatsächlich fragwürdig, zumindest aus heutiger Sicht. Doch im Gegensatz zu anderen Tycoons seiner Zeit musste sein Unternehmen weder entflechtet noch zerschlagen oder verstaatlicht werden; es überstand sogar die Prohibitionszeit (u. a. mit der Produktion von Backhefe und Eiscreme). Und so hinterließ Adolphus Busch nicht nur ein stattliches finanzielles Erbe, sondern einen Markennamen und ein Produkt, wie es neben Coca-Cola und Jeans wohl kein amerikanischeres Produkt gibt, und mit dem seine Nachkommen das Unternehmen zum größten Brauereikonzern der Welt ausbauen konnten. Das war, bevor Anheuser-Busch 2008 dann doch im Spiel der Globalisierung mitspielen musste; seither ist der Konzern Teil der Anheuser-Busch InBev Gruppe und die Geschicke werden nicht mehr von St. Louis, sondern von Brüssel, Löwen und New York aus geleitet.
Ursprünglich ist dieser Artikel in der BRAUWELT im Dossier: Giganten der Biergeschichte unseres Autors Günther Thömmes erschienen.
Quellen
- Peter Hernon und Terry Ganey: Under the Influence – The unauthorized Story of the Anheuser-Busch Dynasty”, Simon & Schuster, 1991.
- https://brookstonbeerbulletin.com/historic-beer-birthday-carl-w-conrad.