Portraits


	
						
	
	

				
			
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Über die Gärung zum Nobelpreis | Der Name Eduard Buchner wird heutzutage den Allerwenigsten etwas sagen – zu Beginn des 20. Jahrhunderts war er jedoch den meisten Menschen im Deutschen Reich geläufig. Buchner gilt als Begründer eines neuen Zweigs der Biochemie: der Enzymologie, die sich mit Gärungsvorgängen befasst. Für seine Arbeit wurde Buchner 1907 mit dem Nobelpreis für Chemie ausgezeichnet.

Buchner wurde am 20. Mai 1860 als Sohn eines königlichen Hofstabsarztes in München geboren. Nach dem Tod seines Vaters musste er mit nur zwölf Jahren den Schulbesuch am Maximilians-Gymnasium vorzeitig abbrechen und eine Ausbildung beginnen. Sein Onkel Hans Martin förderte ihn jedoch und sorgte für seine Rückkehr auf die Schulbank, so dass er 1877 doch noch seine Abiturprüfung ablegen konnte. Ein Jahr Militärdienst beim 3. Feld-Artillerieregiment ‚Prinz Leopold‘ folgte. In der Zeit danach schien er unschlüssig über seinen weiteren Weg.

Studium in München

Er pendelte zwischen den beiden Münchner Universitäten, der Ludwig-Maximilians-Universität, an der er eingeschrieben war, und der Königlich Bayerischen Technischen Hochschule, an der er Praktika absolvierte (bei Direktor Emil Erlenmeyer, dem Erfinder des bekannten Kolben).

Letzten Endes siegte in dieser Rivalität die Ludwig-Maximilians-Universität. Sein Professor im Fach Chemie war der berühmte Adolf von Baeyer, der den noch berühmteren Justus von Liebig an diesem Lehrstuhl beerbt hatte. Adolf von Baeyer legte in seiner großen Zeit wichtige Grundlagen für die chemische Industrie, insbesondere bei organischen Farbstoffen. An der Ludwig-Maximilians-Universität lehrte zudem der ebenfalls als Koryphäe geltende Schweizer Karl Wilhelm von Nägeli das Fach Botanik – für Buchner aber eher ein Nebenfach.

1879 beteiligte sich Buchner wissenschaftlich an einer Konservenfabrik, verlor jedoch eine Menge Geld dabei. Ein Gutes hatte dieser viereinhalbjährige Exkurs jedoch: Buchners Interesse an biochemischen Gärungsprozessen, an Spaltpilzen und dem Einfluss des Sauerstoffs dabei war geweckt worden.

Nachdem er 1883 noch einmal ein kurzes Militär-Intermezzo absolviert, aber gleich danach das Studium wieder aufgenommen hatte, erkannten sein Professor Adolf von Baeyer und dessen Assistent Theodor Curtius endlich Buchners großes Talent.

Der nur drei Jahre ältere Curtius wurde ein langjähriger, guter Freund von Buchner. Zu von Baeyer dagegen trat Buchner in den akademischen Wettbewerb. Gleich in seiner ersten wissenschaftlichen Veröffentlichung, sie beschäftigte sich mit seinem Lieblingsthema, dem Sauerstoff bei der Gärung, warf er Louis Pasteur, einem Säulenheiligen der Wissenschaft, methodische Fehler vor. Das sprach für ein enormes Selbstbewusstsein.

Akademische Wanderjahre

Curtius verließ im Wintersemester 1885/86 München im Streit mit von Baeyer und ging nach Erlangen. Als von Baeyer auch Buchner, genau wie vorher Curtius, Schwierigkeiten bei der Promotion machte, stellte Buchner den letzten Teil seiner Dissertation bei Curtius fertig. Von Baeyer nahm ihm aber 1888 dennoch die Promotion ab. Nach seiner Promotion zum Dr. Phil. blieb er noch eine Weile in München, 1890 als Assistent, ein Jahr später als Privatdozent an der Universität. Danach begannen Buchners akademische Wanderjahre, die ihn von München zuerst nach Kiel führten, wo Curtius mittlerweile zum Professor avanciert war. Sein guter Freund ermöglichte ihm ebenfalls eine Professur – mit nur 35 Jahren.

Ein kleiner Exkurs sei hier gestattet: Curtius war begeisterter Bergsteiger, mit erfolgreichen Erstbesteigungen des 3244 m hohen Piz Bacun (1883) und der 3275 m hohen Sciora di Dentro (1888) im schweizerisch-italienischen Grenzgebiet. In Kiel waren seine Möglichkeiten zur alpinen Betätigung natürlich äußerst limitiert. Das hinderte Curtius und Buchner aber nicht daran, im Jahr 1893 mit 20 Mitgliedern die „Sektion Kiel des Deutschen Alpenvereins“ zu gründen. Die bis heute genutzte Forno-Hütte am Fornogletscher wurde von Curtius und seinem Bergführer Klucker 1889 erbaut und der Öffentlichkeit gestiftet.

Eduard Buchner an der Universität (Foto: Author unknown, public domain, Wikimedia Commons))
Eduard Buchner an der Universität (Foto: Author unknown, public domain, Wikimedia Commons))

Weiter ging es für Buchner dann 1896 als außerordentlicher Professor für analytische und pharmazeutische Chemie an die Universität Tübingen, wo er bis 1898 blieb, um dann dem Ruf der Professur für Allgemeine Chemie an der Landwirtschaftlichen Hochschule in Berlin zu folgen. In Berlin schien der unstete Wissenschaftler endlich sesshaft zu werden. 1900 heiratete er die Tübinger Professorentochter Lotte Stahl. Das nun gutbürgerliche Haus füllte sich mit Kindern (Friedel 1901, Hans 1905 und Rudolf *1908). Buchner wechselte die Konfession und wurde Protestant.

Nach elf Berliner Jahren erfolgte 1909 eine neue Berufung, es ging nach Breslau. Dort war er jedoch mit den Arbeitsbedingungen ebenso unzufrieden wie mit dem gesellschaftlichen Leben, also bewarb er sich bald um eine Position in Bayern.

Rückkehr nach Bayern und Einsatz im Ersten Weltkrieg

Es dauert allerdings bis zum Sommersemester 1911, bis der Ruf auf den Lehrstuhl des Chemischen Instituts der Julius-Maximilians-Universität Würzburg erfolgte. Mit dem Beginn des Ersten Weltkriegs schien Buchners wissenschaftliche Karriere beendet zu sein. Mit 54 Jahren zog er als Hauptmann ins Feld.

Im März 1916 kehrte er – mittlerweile zum Major befördert – zurück an seinen Lehrstuhl. Die Universität hatte seine Anwesenheit dringend eingefordert, um den Lehrbetrieb aufrechtzuerhalten.

Buchner war ein großer Patriot, und so war es für ihn eine Selbstverständlichkeit, sich nach dem Kriegseintritt der USA im April 1917 erneut als Freiwilliger zu melden. Er befehligte eine bayerische Munitionskolonne in den Karpaten. Am 11. August 1917 wurde er bei Focșani in Rumänien schwer verwundet. Er erlag der Verletzung zwei Tage später im Feldlazarett und wurde auf dem Soldatenfriedhof von Focșani beigesetzt.

Wissenschaftliche Arbeiten zur Gärungstheorie

Der Grund, in dieser Reihe über Buchner zu berichten, liegt in seiner wissenschaftlichen Arbeit und seinen Veröffentlichungen bis 1905, mit denen er die bislang gängigen Gärungstheorien endgültig widerlegte.

Ausgerechnet Karl Wilhelm von Nägeli, sein Münchner Professor, hatte nämlich die Theorie vertreten, Zuckerspaltung und Gärung entstünden durch Schwingungen lebender Eiweißmoleküle und Bewegung kleinster Körperchen außerhalb der Hefezellen.

Eduard Buchner gelang, in seiner wissenschaftlich besonders fruchtbaren Tübinger Zeit, der Nachweis, dass die Hefegärung auf ein Enzym zurückzuführen ist, dem er den Namen „Zymase“ gab.

Eduard Buchner (1. Reihe, Mitte) im 1. Weltkrieg bei Cambrai in Nordfrankreich (Foto: Author unknown, public domain, Wikimedia Commons)
Eduard Buchner (1. Reihe, Mitte) im 1. Weltkrieg bei Cambrai in Nordfrankreich (Foto: Author unknown, public domain, Wikimedia Commons)

Er entwickelte dazu ein Verfahren zur Gewinnung von „Hefepreßsaft“ durch Zerreiben der Bierhefe mit Quarzsand und Kieselgur sowie anschließendem Auspressen dieser teigförmigen Masse mit einer hydraulischen Presse und hohem Druck. Mit dieser klaren, hefefreien Flüssigkeit führte er erfolgreiche alkoholische Gärversuche durch.

Diese Entdeckung, dass die alkoholische Gärung durch einen Stoff hervorgerufen wird, der zwar von der Hefe stammt, aber von ihr getrennt werden kann, führte zur endgültigen Beilegung des uralten Streits zwischen „mechanistischer“ und „vitalistischer“ Gärungstheorie.

Buchner hatte nicht nur Pasteur erneut widerlegt, sondern damit auch nachgewiesen, dass man allein mit Enzymen aus dem „Hefepreßsaft“, ohne Hefezellen, eine erfolgreiche Gärung durchführen konnte. In seinem Buch „Die Zymasegärung“ von 1903 fasste er all seine neu gewonnenen Erkenntnisse zusammen.

Nach Klärung dieser auch für die Bierbrauer wichtigen Frage wandte er sich den anderen Gärungen zu. Er forschte und veröffentlichte über die Buttersäuregärung, die Rolle der Milchsäure bei der alkoholischen Zuckervergärung und über die Zitronensäuregärung.

Darüber hinaus untersuchte er die Fraktionen des „Hefepreßsaftes“ und erforschte weitere Vorgänge bei der alkoholischen Gärung.

Vom Verein Deutscher Chemiker erhielt er 1905 die goldene Justus-von-Liebig-Gedenkmünze.

Eduard Buchner auf einem Foto aus dem Archiv der Nobel Stiftung (Foto: Author unknown, public domain, Wikimedia Commons)
Eduard Buchner auf einem Foto aus dem Archiv der Nobel Stiftung (Foto: Author unknown, public domain, Wikimedia Commons)

Nobelpreis für Chemie

Seine größte Ehrung erfuhr er jedoch 1907, als er für seinen Beweis der zellfreien, alkoholischen Gärung mittels Hefepreßsaft mit dem Nobelpreis für Chemie ausgezeichnet wurde. Nur zwei Jahre nach seinem 25 Jahre älteren Münchner Professor Adolf von Baeyer (auf einem gänzlich anderen Feld der Chemie).

Man kann mit Fug und Recht behaupten, dass alle heutige Laborarbeit in Brauereien, die sich mit Hefe befasst, ohne Buchners Arbeit nicht möglich wäre. Insofern hat es Eduard Buchner absolut verdient, in Erinnerung zu bleiben.

Ursprünglich ist dieser Artikel im Dossier: Giganten der Biergeschichte unseres Autors Günther Thömmes in BRAUWELT Nr. 14/2021 erschienen.