Die Brauerei Holzhausen war über viele Jahre hinweg ein lebendes Museum in der Brauereilandschaft: direktbeheizte Eisenpfanne, offener Läutergrant und ein großes Kühlschiff im hölzernen Dachstuhl. Transmissionsriemen trieben viele Anlage bis zuletzt an. Über viele Jahre hinweg wurde die alte Technik verwendet und bei Mängeln immer wieder notdürftig zusammengeflickt, sodass der Investitionsstau immer größer wurde. Als aufgrund technischer Mängel die Füllerei stillgelegt werden musste, war die Brauerei schon fast dem Untergang geweiht.
2012 entschloss sich der Eigentümer schließlich dazu, einen neuen Weg zu suchen, um die Brauerei zu erhalten. Zusammen mit Markus Langer, der die Brauerei seit 2013 als Pächter betreibt, wurde nach Möglichkeiten und Wegen gesucht, um den Betrieb sinnvoll zu modernisieren. Eine neue Brauerei sollte es werden, doch schnell war klar: Das alte Brauereigebäude wurde über die Jahre hinweg heruntergewirtschaftet. Es schien mehr Sinn zu machen, die neue Brauerei in das Gebäude der ehemaligen Füllerei zu integrieren. Zugleich konnte man die alte Brauerei so noch als Museumsstück erhalten.
Als Markus Langer das neue Konzept der Brauerei plante, orientierte er sich stark am Aufbau einer historischen Brauerei: Dort steht im Erdgeschoß das Sudhaus mit einer großen Maisch-/Würzepfanne. Der Läuterbottich ist über der Pfanne angeordnet, so kann allein mit Hilfe der Schwerkraft abgeläutert werden. Eine Würzepumpe befördert die heiße Würze ganz nach oben auf das Kühlschiff, von wo aus sie über einen Berieselungskühler in den darunter liegenden Gärkeller fließt. Geschlaucht wird in Lagertanks, die eine oder mehrere Etagen unter dem Gärkeller liegen.
Ohne Pumpe
Markus Langer fiel auf, dass bei dieser Aufstellung lediglich eine einzige Produktpumpe, die Ausschlagpumpe, verbaut war. Das Bier, das im direkt neben dem Lagerkeller gelegenen großen Biergarten naturtrüb getrunken wurde, kam so nur ein einziges Mal mit einer Pumpe in Berührung. Den seit jeher auffällig guten Schaum der Holzhauser Biere führte der Dipl.-Braumeister auf eben diese Tatsache zurück. Dass die durch Kreiselpumpen auf Würze und Bier wirkenden Scherkräfte einen Einfluss auf den Geschmack und v.a. den Schaum des Bieres haben, schien ihm schon lange plausibel. Gespräche mit Winzern und Destillateuren aus dem Gourmet-Bereich, die nach der Ausreifung ihrer Produkte jeglichen Einsatz von Kreiselpumpen meiden, um das Aromaprofil nicht zu beeinträchtigen, bekräftigten ihn in seiner Ansicht.
Es entstand also die Vision, eine Brauerei zu konzipieren, die gänzlich ohne Produktpumpe auskommt. Da aber die Gebäudehöhe nicht ausreichte, um den Produkttransport von Gefäß zu Gefäß komplett über die Schwerkraft zu ermöglichen, musste sich Langer etwas einfallen lassen. Die Lösung: ein druckfester Whirlpool, aus dem die Ausschlagwürze schonend nur durch das Anlegen von Gasdruck befördert wird. Über den Plattenkühler gelangt die Würze dann in den ersten Stock, wo sich der Gärkeller befindet. Das Schlauchen erfolgt dann per Schwerkraft in den ebenerdigen Lagerkeller, wonach die Gebinde über Gasdruck befüllt werden. Eine besondere Herausforderung war es dabei, das Gefälle von Würzepfanne bis Whirlpool ausreichend zu wählen, damit der Teetassen-Effekt zur Heißtrubausscheidung auch richtig funktionieren kann.
Seit Sommer 2017 ist die neue Brauerei ohne Produktpumpe nun in Betrieb und funktioniert einwandfrei. Neben den fehlenden Pumpen fallen in der neuen Brauerei aber noch zwei weitere Besonderheiten auf.
Vormaischer
Zum einen integrierte Langer einen zusammen mit seinem Bruder entwickelten und patentierten Vormaischer. Bei diesem strömt aus der Mitte Wasser und erzeugt einen rotierenden Wasserteller, auf den das Schrot fällt. Durch die Rotation des Wassertellers findet sofort eine sehr intensive, staub- sowie klumpenfreie Durchmischung von Schrot und Wasser statt. So können problemlos auch sehr dicke Maischen erzeugt werden.
Rührwerk
Zum anderen befindet sich im Maischebottich kein klassisches Rührwerk. Stattdessen „rührt“ hier ein Verdrängungsmisch-System, das in dieser Form noch nie in einer Brauerei eingesetzt wurde. Das Herz dieses Mischers bildet ein besonderer geometrischer Körper, der „Oloid“ genannt wird. Dieses Gebilde ist einer von sehr wenigen bekannten Körpern, der über seine gesamte Oberfläche abrollt. Er kann als die konvexe Hülle zweier gleichgroßer, sich senkrecht schneidender Kreise definiert werden, deren Abstand zueinander ihrem Radius entspricht. Erstmals wurde diese geometrische Form 1929 vom Maschinenbauer Paul Schatz entwickelt und beschrieben. Der Oloid gilt als Plausibilitätshinweis für die von Schatz begründete Inversionskinematik.
Damit dieser Körper nun die Maische durchmischen kann, wird er von zwei Wellen angetrieben und in Rotation versetzt. Die Wellen sind kardanisch in den Mittelpunkten der beiden Kreise angebracht, die den Oloid definieren. Der Antrieb der Wellen erfolgt dabei über ein Spezialgetriebe, das die unterschiedlichen Geschwindigkeiten der Wellen für die inversionskinematische Bewegung des Körpers liefern.
Der Einbau dieser Mischereinheit erfolgt exzentrisch und die beiden Wellen werden in einem bestimmten Winkel zum Behälterradius gedreht. So wird eine Grundströmung erzeugt, die schräg auf die Behälterinnenseite trifft und gleichzeitig eine Rotation der Maische bewirkt. Durch die Pendelbewegung des Oloiden ändert er permanent seine Wirkrichtung.
Vorteile des Oloiden
Das führt zu einer sehr intensiven Durchmischung und hat den Nebeneffekt, dass kein drehender Zylinder erzeugt wird, der durch Leitbleche (Energieverlust) durchmischt werden muss. Durch die langsame und schonende Bewegung des Oloiden entsteht eine quasi scherkraftfreie Durchmischung der Maische. Messungen zum Verbrauch an elektrischer Energie haben zudem ergeben, dass die Durchmischung der Maische mit dem Oloiden lediglich 20 - 25 Prozent der Energie benötigt, wie ein im selben Bottich verwendetes, herkömmliches Rührwerk.
Fazit
Alles in allem steht in Holzhausen nun ein einzigartiges Sudhaus- und Brauereikonzept, das eine sehr produktschonende Prozessführung ermöglicht. Die damit gebrauten Biere sind sehr mild, rund und haben neben einer exzellenten Schaumhaltbarkeit auch eine sehr feine Kohlensäurebindung, die ein äußerst angenehmes Mundgefühl erzeugt.
Markus Langer: „Oft besteht die Kunst auch im Weglassen von Dingen und der Konzentration auf die wesentlichen Prozesse, das Produkt Bier.“