Portraits


	
						
	
	

				
			

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Im ersten Teil dieser Artikelserie hatte uns Dr. Markus Fohr in die Welt der Trappisten und ihrer Biere entführt. Wir haben erfahren, was es mit den Trappisten auf sich hat und was diese Trappistenbiere überhaupt sind. Ebenfalls im ersten Teil der Reihe stellte uns Dr. Fohr auch die fünf Trappistenbrauereien der neuen Generation vor, die seit 2012 gegründet wurden. Im zweiten Teil erfahren wir Näheres über die sieben klassischen und schon länger bestehenden Trappistenbrauereien und ihre Bierstile.

Eine Liste der sieben klassischen Trappistenbrauereien, in Klammern das Jahr der Gründung:

  • Achel (1871)
  • Chimay (1862)
  • Orval (1932)
  • Rochefort (1595)
  • Westmalle (1836)
  • Westvleteren (1839)
  • La Trappe (1884)

 

Die Zisterzienserabtei Notre-Dame de Scourmont
Die Zisterzienserabtei Notre-Dame de Scourmont (Foto: Cinoworus, Abbaye de Scourmont, CC BY-SA 4.0)

Achel

Seit 1871 brauten die Trappisten in der St. Benedictus Abdij in Achel in der belgischen Provinz Limburg Bier. 1914 flüchteten sie vor den deutschen Besatzern, die die Brauerei 1917 zerstörten, um das Kupfer der Brauanlagen zu erbeuten. 1998 gelang die Neueröffnung mit Hilfe der Trappisten aus Rochefort und Westmalle. Mit 4500 hl pro Jahr ist Achel die kleinste der klassischen Trappistenbrauereien.

2011 wurde der Konvent aufgelöst. Bis 2018 verwalteten die Trappisten von Westmalle das Kloster. Seit 2018 beherbergt es eine Gemeinschaft der Fazenda da Esperança. Die Fazenda da Esperança (Hof der Hoffnung) ist ein internationales pastorales Projekt, das Drogenabhängigen, marginalisierten Jugendlichen und Erwachsenen sowie Süchtigen aller Art Hilfe für ein erneuertes Leben geben will.

In Achel werden derzeit zwei Fassbiere Hell und Dunkel mit je 5,0 Vol.-Prozent Alkohol hergestellt. Hinzu kommen seit 2001 drei Flaschenbiere: Tripel (Blond) und Dubbel (Bruin) mit je 8,0 Vol.-Prozent Alkohol sowie Dubbel Extra mit 9,5 Vol.-Prozent Alkohol. Die Abfüllung erfolgt in der Brauerei Bios-Van Steenberge in Ertvelde.

Da sich die Trappisten vollständig aus Achel zurückgezogen haben, stellt sich die Frage, ob die Brauerei zukünftig ihren Status als Trappistenbrauerei behalten wird. Im Januar 2019 war sie in jedem Fall auf der Homepage der AIT als Trappistenbrauerei genannt.

 

Chimay

1850 gründeten Mönche der Sankt-Sixtus-Trappistenabtei Westvleteren auf Bitte des Prinzen von Chimay die Zisterzienserabtei Notre-Dame de Scourmont. Seit 1862 brauen sie dort mit einem sehr weichen Wasser. Chimay liegt in der belgischen Provinz Hennegau in der Wallonie nahe der französischen Grenze.

Chimay ist ungefiltert und nicht pasteurisiert. Heute braut die Abtei jährlich etwa 130 000 hl Chimay. Die Flaschenabfüllung der etwa 35 000 Flaschen pro Stunde geschieht gegenwärtig außerhalb des Klosters durch Laien auf dem Industriestandort Baileux, um das Klosterleben nicht zu stören.

Von der Gründung der Abtei 1850 an war es den Mönchen sehr wichtig, durch wirtschaftliche Aktivitäten die Region zu entwickeln. So entstanden rings um die Abtei nicht nur die Brauerei Chimay, sondern auch eine Käserei sowie ein landwirtschaftlicher Betrieb.

1996 schließlich trennte die Abtei Scourmont ihre witschaftlichen Betriebe von der Abtei ab und überführte sie in die gemeinnützige Stiftung Chimay Wartoise.

Um die Brauerei herum ist mittlerweile die Erlebniswelt Espace Chimay entstanden. Dazu gehört das Pub-Restaurant-Hotel Poteaupré Inn. Hier erleben Besucher unter idealen Voraussetzungen die Produkte der Abtei Scourmont und der Region Chimay. Die Brauerei selbst liegt innerhalb der Abtei und steht daher nicht für die Öffentlichkeit zu Besuch.

Auch sportlich macht Chimay von sich reden. Am 23. September 2017 fand der erste „Trail des Trappistes“ statt, ein Geländelauf mit Distanzen von 11-50 km. Start und Ziel befinden sich nahe der Brauerei. Bereits bei der Anmeldung kann der Läufer wählen, welches Chimay Bier er im Ziel als wohlverdiente Belohnung gereicht haben möchte. 2019 findet der Lauf am 8. September statt.

Großen Wert legt Chimay auf das Thema Foodpairing. Dies kommt in den Angeboten des Poteaupré Inn zum Ausdruck und findet auch auf der Website besondere Beachtung.

Das Sortiment umfasst:

  • Chimay dorée (Goldenes Chimay): Blondes Tafelbier mit 4,8 Vol.-Prozent Alkohol;
  • Chimay rouge (Rotes Chimay): Kupferfarbenes Bier mit 7 Vol.-Prozent Alkohol. Es ist das älteste der heutigen Chimaybiere;
  • Chimay triple auch Chimay blanche (Weißes Chimay): Bernsteinfarbenes Tripel mit 8 Vol.-Prozent Alkohol. Es ist das jüngste der heutigen Chimaybiere;
  • Chimay bleue (Blaues Chimay): Dunkles Bier mit 9 Vol.-Prozent Alkohol. In der 75-cl-Flasche Grande Réserve genannt. Chimay bleue reift einige Jahre in der Flasche;
  • Chimay Bleu Grand Reserve Oak Aged: Edition 2017 reifte in Rumfässern aus Eichenholz nach. Weder pasteurisiert noch filtriert bietet dieses Bier ein unnachahmliches rundes Holzaroma – und mit einem Alkoholgehalt von 10,5 Vol.-Prozent auch einen dazu passenden Körper.

 

Orval

Gegründet 1931 in Villers-devant-Orval, Belgien, etwa 20 km westlich von Luxemburg ist die Brauerei Orval die jüngste der klassischen Trappistenbrauereien. Das relativ bittere und fruchtige Bier ist eine Besonderheit unter den Trappistenbieren. Sein Rezept stammt von Braumeister Pappenheimer, dem ersten seiner Zunft bei Orval. Die Jahresproduktion liegt bei 22 Mio Flaschen, also rund 70 000 hl.

Werbeschild der jüngsten der klassischen Trappistenbrauereien Orval
Werbeschild der jüngsten der klassischen Trappistenbrauereien Orval (Foto: AlfvanBeem, Biere d'Orval des RR. PP. trappistes, enamel advertising sign at the Musée Européen de la Bière pic-2, CC0 1.0)

Das blonde Orval besitzt 14 Prozent Stammwürze und 6,6 Vol.-Prozent Alkohol, zur Flaschengärung gibt man Kandiszucker hinzu. Orval Trappist hebt sich durch seine sehr hopfige und trockene Note mit 50 IBU sowie den Einsatz von zehn Hefestämmen, darunter Brettanomyces zur Nachgärung, von den anderen Bieren ab. Es kann nach mehreren Jahren Reifung interessante Geschmacksvarianten entwickeln. Und bedingt durch die Vielzahl der eingesetzten Hefestämme sind aromatische Überraschungen ohnehin von Charge zu Charge möglich bis wahrscheinlich.

 

Rochefort

In der Abtei Notre-Dame de Saint-Rémy in Rochefort in der belgischen Provinz Namur entstehen seit 1595 die gleichnamigen Trappistenbiere:

  • 6 mit rotem Kronkorken und 7,5 Vol.-Prozent Alkohol ist das älteste Rochefort;
  • 8 mit grünem Kronkorken und 9,2 Vol.-Prozent Alkohol, manchmal Spéciale genannt, gebraut seit 1955;
  • 10 mit blauem Kronkorken und 11,3 Vol.-Prozent Alkohol, oft Merveille genannt.
Die drei Trappistenbiere von Rochefort
Die drei Trappistenbiere von Rochefort (Foto:

Rochefort ist die älteste Trappistenbrauerei und besitzt eine Jahresproduktion von 18 000 hl. Erst seit 1998 tragen die Flaschen dort Etiketten.

 

Westmalle

Die Abtei von Westmalle im belgischen Malle in der Provinz Antwerpen wurde 1794 gegründet und erhielt den Status einer Trappistenabtei am 22. April 1836. Martinus Dom, der erste Abt, traf die Entscheidung, eigenes Bier zu brauen. Der erste Ausschank erfolgte am 10. Dezember des gleichen Jahres. Der örtliche Verkauf begann 1856, seit 1921 findet man das Bier auch im Handel.

Seit 1856 wird in Westmalle auch Dunkelbier gebraut, das aktuelle Dubbel lehnt sich an ein Rezept von 1926 an. 1934 entwickelte die Brauerei das erste Tripel-Bier, dieses gilt heute als herausragendes Beispiel dieser Biersorte.

Im Jahr 1991 wurde die Brauerei modernisiert. Die heutige Jahresproduktion beträgt rund 120 000 hl. Im freien Handel sind folgende Sorten erhältlich:

  • Dubbel mit 7,0 Vol.-Prozent Alkohol;
  • Tripel mit 9,5 Vol.-Prozent Alkohol;
  • Extra mit 4,8 Vol.- Prozent Alkohol; wird nur zweimal im Jahr gebraut und ist ausschließlich den Mönchen und ihren Gästen vorbehalten.

 

Westvleteren

1831 entstand die Trappistenabtei Sankt Sixtus in Vleteren in Westflandern. Seit 1839 beherbergt sie eine Brauerei. Westvleteren hat wie kaum eine andere der Trappistenbrauereien zum Kultstatus derselben beigetragen. Die sprichwörtliche Mutter des Erfolges liegt im Vertrieb der Biere. Dieser erfolgt ausschließlich am Kloster beziehungsweise im Café „In de Vrede“ schräg gegenüber. Ein Vertrieb über den Handel existiert nicht. Die Brauerei und das Kloster selbst sind für Besucher nicht zugänglich. Westvleteren braut nur beschränkte Mengen und es sind auch nicht immer alle Biersorten vorrätig. Die Mönche sehen es nicht als ihre Aufgabe an, möglichst viel Bier zu brauen. Sie brauen letztlich nur, wenn ihre weiteren Aufgaben dies erlauben.

Das Trappistenbier Westvleteren 12
Das Trappistenbier Westvleteren 12 (Foto:

Der aktuelle Bestand ist über ein „Biertelefon“ zu erfragen. Käufer müssen sich unter Angabe des Kraftfahrzeugkennzeichens beim Kloster einen Abholtermin geben lassen. Die Abgabe ist auf maximal zwei Holzkisten zu je 24 Flaschen pro Person beschränkt. Eine Reservierung ist nur alle 60 Tage möglich. Das Bier wird nur gegen Ehrenwort, es nicht weiterzuverkaufen, verkauft. Dennoch braut das Kloster rund 4700 hl jährlich. www.RateBeer.com wählte Westvleteren 12 zum weltbesten Bier.

Diese drei Biere gibt es – die Flaschen tragen kein Etikett und sind nur anhand der Farbe des Kronenkorkens erkennbar:

  • Westvleteren 6 (blond), 5,8 Vol.-Prozent Alkohol, grüner Kronkorken;
  • Westvleteren 8 (bruin), 8 Vol.-Prozent Alkohol, blauer Kronkorken;
  • Westvleteren 12 (bruin), 10,2 Vol.-Prozent Alkohol, gelber Kronkorken.

 

La Trappe

Die Biere unter dem Namen La Trappe Trappist sind weltberühmt. Doch sie stammen weder aus der französischen Abtei, die den Trappisten und ihren Bieren den Namen gab, noch trägt ihre Brauerei diesen Namen – sie firmiert als Bierbrouwerij de Koningshoeven. Beheimatet ist sie in Berkel-Enschot, einem Dorf in der Gemeinde Tilburg in der niederländischen Provinz Nordbrabant, die an Belgien grenzt.

1881 gründen dort französische Trappistenmönche die Abtei Onze Lieve Vrouw van Koningshoeven in einem Gehöft, das nach dem früheren Eigentümer König Wilhelm II. („de Koningshoeven“ – das Königsgehöft) benannt ist. 1884 folgt die Gründung der Brauerei.

Sechs Biere von La Trappe
Sechs Biere von La Trappe (Foto:

Das ATP Logo erhielt die Brauerei erst 2005. Bedingt durch eine Kooperation mit der Brauerei Bavaria brauten nicht mehr ausschließlich Trappistenmönche das Bier, die Jahresproduktion wird mit rund 100 000 hl angegeben. Doch neben diesem vielleicht nicht dunklen aber auch nicht ganz so strahlend hellen Kapitel in der Brauereigeschichte bestehen viele durchweg helle Kapitel. So braut man in Berkel-Enschot unter dem Namen La Trappe neun Biere – so viele Biere wie in keiner anderen Trappistenbrauerei:

  • Puur mit 4,7 Vol.-Prozent Alkohol aus biologisch angebauter Gerste und Hopfen mit regenerativ erzeugter „grüner“ Energie gebraut;
  • Witte Trappist mit 5,5 Vol.-Prozent Alkohol ist das einzige und erste Trappisten-Weißbier der Welt;
  • Blond mit 6,5 Vol.-Prozent Alkohol;
  • Dubbel mit 7,0 Vol.-Prozent Alkohol;
  • Bockbier mit 7,0 Vol.-Prozent Alkohol ist das einzige Trappisten-Bockbier der Welt;
  • Isid'or mit 7,5 Vol.-Prozent Alkohol, gebraut erstmals 2009 anlässlich des 125-jährigen Bestehens des Klosters, benannt nach Bruder Isidorus, seinem ersten Braumeister;
  • Tripel mit 8,0 Vol.-Prozent Alkohol;
  • Quadrupel mit 10,0 Vol.-Prozent Alkohol ist seit 1991 das erste Quadrupel weltweit und Namensgeber dieses Bierstils;
  • Quadrupel Oak Aged mit 11,0 Vol.-Prozent Alkohol.

Verglichen mit anderen Trappistenbrauereien ist diese relativ offen. Man kann sie besichtigen, es gibt eine Gastronomie im Kloster und einen Klosterladen sowie Fahrradtouren rund um die Brauerei.

 

Fazit

Trappistenbier – ein einziger Begriff, hinter dem sich mittlerweile zwölf Brauereien in sechs Ländern und stolze 43 Biere verbergen – Klassiker wie Dubbel und Tripel, aber auch ein India Pale Ale und ein Fruchtbier. Zu dem exklusiven Kreis der zwölf Trappistenbrauereien gehören professionell aufgestellte und für Besucher offene Brauereien mit hervorragenden Internetpräsenzen und über 100 000 hl Jahresproduktion, aber auch solche, die für Besucher vollständig verschlossen sind, die kaum Informationen preis geben und deren Biere schwer erhältlich sind. Doch gerade letztere tragen sicherlich erheblich zum Mythos Trappistenbier bei.