Know-How


	
						
	
	

				
			

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Wer kennts? Ihr habt den Hopfen sorgsam ausgewählt, geschnüffelt und getestet, dann eine Unmenge des teuren grünen Goldes in euer Bier gepackt und dann … ist das tolle Aroma plötzlich weg. Oder ganz anders als erwartet. Was ist da passiert?

Hopfen trägt zu einem bedeutenden Anteil zum Bieraroma bei. Besonders in Biertypen wie etwa Pilsner und India Pale Ale (IPA) prägen Bittersäuren und die flüchtigen ätherischen Öle des Hopfens das Aroma. Das Aromaspektrum des Rohhopfens unterscheidet sich aber in der Regel deutlich von dem Aroma, das er im Bier verursacht. Das liegt unter anderem daran, dass die flüchtigen Hopfenverbindungen während des Brauprozesse umgewandelt werden und verloren gehen. Besonders während der Gärung sinkt die Konzentration bestimmter Stoffe dramatisch. Wie stark, das kann aber beeinflusst werden.

Hopfenaromen auf der Flucht – wo verliert euer Bier sein Hopfenaroma?
Hopfenaromen auf der Flucht – wo verliert euer Bier sein Hopfenaroma?

 

Fluchtgefahr 

Für die flüchtigen Stoffe kann stark vereinfacht zusammengefasst werden: Je später (und höher) die Hopfendosage im Brauprozess, desto höher ist die Konzentration im Bier.

Richten wir unseren Blick mal auf den Stoff β-Myrcen: Liebhaber hopfengestopfter Biere sind – bewusst oder unbewusst – mit dem Geruch von β-Myrcen vertraut. Das β-Myrcen ist ein hochwirksamer, aber auch sehr flüchtiger Hopfenaromastoff, der an frische Hopfendolden erinnert. Im Bier kann diese Substanz zu Gerüchen wie „grün“, „harzig“ und „balsamisch“ beitragen. Bei sehr hohen Konzentrationen führt β-Myrcen allerdings zu einem unangenehm „stechenden“ oder „grasigen“ Aromaeindruck.

Gerade β-Myrcen, das oft einen Anteil von über 50 Prozent des ätherischen Öls in der Dolde bildet, fällt während des Brauprozesses stark in seiner Konzentration ab. Der Grund: β-Myrcen löst sich ganz schlecht in Wasser bzw. Würze. Beim Kochen geht daher das β-Myrcen fast vollständig verloren. Aber auch wenn ihr Hopfen erst im Kaltbereich, zur Haupt- oder Nachgärung gebt, verflüchtigt sich ein Teil des β-Myrcens. Welche Faktoren dabei eine Rolle spielen, wurde am Forschungszentrum Weihenstephan für Brau- und Lebensmittelqualität untersucht. Dabei wurde β-Myrcen stellvertretend für viele weitere flüchtige und schlecht wasserlösliche Stoffe betrachtet.

An vielen Stellen im Brauprozess verliert ihr Hopfenaroma. Ihr solltet also besser wissen, an welchen genau :)
An vielen Stellen im Brauprozess verliert ihr Hopfenaroma. Ihr solltet also besser wissen, an welchen genau :)

 

Fluchtweg 1

Um den Fluchtwegen der Aromastoffe auf die Spur zu kommen, wurden im Versuch die Gärgase aufgefangen und analysiert. Die Ergebnisse der Untersuchungen zeigen, dass β-Myrcen und die Hefestoffwechselprodukte Isoamylacetat (verantwortlich für „bananiges“ Aroma), Ethylhexanoat und Styrol während der Gärung über die Gärgase verloren gehen. Die Verluste stehen im engen Zusammenhang mit der Hefeaktivität. Je aktiver die Hefe, desto stärker wird Kohlendioxid produziert. Die aufsteigenden Kohlendioxidbläschen reisen die flüchtigen Komponenten mit, die Aromastoffe gehen verloren. Wie stark, ist aber auch abhängig von der Gärtemperatur, denn je höher die Temperatur, desto flüchtiger sind die Aromastoffe.

 

Fluchtweg 2

Auch die Hefe nimmt deutlichen Einfluss auf die in Grünbier gelösten Stoffe. Denn gerade für schlecht in Wasser lösliche Stoffe wirkt die Hefe sehr anziehend. Untersucht wurde daher, wie stark der Verlust von β-Myrcen von der vorhandenen Hefemenge abhängt.

Das β-Myrcen wurden dazu in Reinform zusammen mit unterschiedlichen Zellzahlen (0, 1, 5, 20, 100 Mio Zellen/ml) einer untergärigen bzw. obergärigen Hefe in alkoholfreies Bier gegeben. Die Versuche zeigen klar, dass der Verlust an β-Myrcen von der Hefezellzahl während der Gärung abhängig ist. Bei einer Zellzahl von 100 Mio/ml wurde es nahezu vollständig von der Hefe adsorbiert. Ob es sich dabei um eine obergärige oder untergärige Hefe handelt, scheint egal zu sein.

Liebhaber hopfengestopfter Biere kennen den Geruch von β-Myrcen
Liebhaber hopfengestopfter Biere kennen den Geruch von β-Myrcen

 

Fazit

β-Myrcen und damit „grüne“ und „harzige“ Aromaeindrücke gehen während der Gärung auf zwei Wegen verloren. Zum einen wird der schlecht wasserlösliche Stoff durch Kohlendioxid ausgewaschen (Kohlensäurewäsche). Zum anderen wird β-Myrcen von der Hefe adsorbiert und geht dadurch ebenfalls für das Aroma verloren. Wenn ihr nicht Hopfenstopfen wollt, hilft es, niedrige Gärtemperaturen zu wählen und dadurch die Flüchtigkeit der Aromastoffe zu verringern. Das muss aber in Zusammenhang mit der gesamten Gärführung betrachtet werden. Außerdem scheint die Hefe bedeutenden Einfluss auf die Aromaverluste zu haben. Wie genau, das wird erst noch in einer weiteren Veröffentlichung behandelt. Die könnt ihr dann in der BRAUWELT Nr. 51-52, 2018, lesen. In der BRAUWELT ist auch der Artikel zu finden, auf dem der Text, den ihr gerade gelesen habt, beruht. Noch ausführlicher gibt es die Untersuchungsergebnisse des Forschungsinstituts Weihenstephan für Brau- und Lebensmittelqualität zum Verbleib der Hopfenaromastoffe dann nur noch in der BrewingScience!

Viel Hopfen, spät im Prozess, bei kalten Temperaturen: dann seid ihr schon mal auf einem guten Weg, das Aroma zu erhalten
Viel Hopfen, spät im Prozess, bei kalten Temperaturen: dann seid ihr schon mal auf einem guten Weg, das Aroma zu erhalten