Know-How


	
						
	
	

				
			
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In Teil I dieser zweiteiligen Serie zur Gersten- und Malzanalytik stellte Winfried Manke die gebräuchlichen Methoden zur Malzbewertung vor; im vorliegenden zweiten Teil soll es um Untersuchungen der Braugerste gehen. Auf Seiten der traditionellen Gerstenanalytik sind in vielen Gebieten nur geringe Fortschritte zu verzeichnen. Allerdings bietet die Künstliche Intelligenz ganz neue Möglichkeiten zur Bewertung von z.B. Sortenreinheit oder Fusarienbefall.

Zur traditionellen Bestimmung der Keimenergie als Schlüsselkriterium kam später die Bestimmung der Keimfähigkeit als Schnellmethode dazu. Die Färbung mit Tetrazoliumchlorid kann eine schnelle Aussage zum momentanen Zustand der Gerste treffen. Die Bestimmung des verdeckten Auswuchses ermöglichte die Separierung ausgewachsener Partien in feuchten Erntejahren.

Die Sortenkontrolle, zunächst nach optisch sichtbaren Merkmalen, später anhand der Proteinfraktionen mit Elektrophorese, verfeinerte die Gerstenanalysen. Die Elektrophorese war zunächst nur für Forschungslabore praktikabel, später wurden aber anwenderfreundliche Testkits entwickelt, die in den Mälzereilaboren ausgeführt werden können.

 

Weiterhin klassische Methoden im Einsatz

In der modernen Laboranalytik gibt es heute hochempfindliche Analysenmethoden zur Bestimmung von Inhaltstoffen im Spurenbereich für Schadstoffe, Schwermetalle, Mykotoxine und andere unerwünschte Stoffe. In den Forschungslabors werden hochauflösende Methoden zur Auftrennung von Stoffen nach Molekülgrößen angewendet. Diese finden in den Labors von Mälzereien in der Regel keine Anwendung. Hier ist das Ziel, standardisierte, etablierte und allgemein anerkannte Methoden mit möglichst geringem Material-, Personal- und Zeitaufwand durchzuführen. Daher sind nach wie vor viele der klassischen Methoden im Einsatz. Es wird aber immer wieder versucht, Analysenverfahren einzuführen, die zeitaufwändige Methoden ersetzen sollen, aber die Messergebnisse in gewohnten Einheiten anzeigen. Im Folgenden sollen fünf Beispiele hervorgehoben werden, die sich hochentwickelter Technologien bedienen.

 

Die Kjeldahlmethode

Eine der ältesten immer noch angewendeten Methoden ist die Stickstoff- bzw. Eiweißbestimmung nach Kjeldahl. Die Methode wurde 1883 veröffentlicht. Sie ermöglicht die Bestimmung des Stickstoffgehaltes in vielen Substanzen. Ursprünglich entwickelt wurde sie von dem dänischen Chemiker J. Kjeldahl für Pflanzen. Sie ist heute Standardmethode für Getreide, Bodenproben und anderes Untersuchungsmaterial. Nach einem Aufschluss und einer nachfolgenden Destillation wird der Stickstoff der Probe über eine Titration bestimmt. Nachteil der Methode ist neben der Dauer auch der Einsatz von konzentrierter Säure und Lauge, austretende Dämpfe und Katalysatorreste im Abwasser und die damit verbundenen Gefahren für die Arbeitssicherheit und Belastung der Umwelt.

 

Stickstoffbestimmung nach Dumas

Schon mehrere Jahrzehnte vor Kjeldahl entwickelte der französische Chemiker J. Dumas eine Methode zur Bestimmung des Stickstoffs. Hierzu wird die Substanz verascht und das freiwerdende Stickstoffgas volumetrisch bestimmt. Die Methode wurde weiterentwickelt und steht heute als Alternative zur Kjeldahl-Methode in fertig konfigurierten, leicht zu bedienenden Mess-Systemen zur Verfügung. Klare Vorteile der Methode sind der geringe Zeitaufwand, keine Verwendung von Chemikalien, die Erhöhung der Arbeitssicherheit und die Vermeidung der Umweltbelastung. Nachteilig ist die hochentwickelte Messtechnik, die regelmäßige Wartung und Beobachtung und die Versorgung mit Reingasen verlangt.

 

Nahinfrarot-Technik

Neben diesen beiden klassischen chemischen Analysenverfahren ist heute auch die Nahinfrarot(NIR)-Technik als Standard im Einsatz. Sie basiert auf der Messung von Absorption oder Reflexion der NIR-Strahlung. Aus der Gerstenanalytik sind die modernen, leicht bedienbaren NIR-Geräte nicht mehr wegzudenken. Sie arbeiten zuverlässig und schnell. Eine Probenvorbereitung ist nicht nötig, die Messung erfolgt zerstörungsfrei im Ganzkorn. Die Geräte lassen sich vernetzen und können von zentralen Dienstleistern kalibriert und für Feuchte sogar geeicht werden [1].

Das Messprinzip beruht auf der Absorption bzw. Transmission von NIR-Strahlung definierter Wellenlängenbereiche. Die diskreten Wellenlängen der Strahlung werden über einen Monochromator erzeugt. Durch leichte Drehungen eines Prismas kann Strahlung über ein Kontinuum einzelner definierter Wellenlängen erzeugt werden. Der Detektor misst die ankommende Strahlung. Über statistische Modelle findet eine Verrechnung der gewonnenen Spektren statt, woraus sich am Ende die Analysenwerte vorhersagen lassen.

In der Malzanalytik ist der Einsatzbereich für Feuchte, Extrakt und Protein ausreichend genau und zuverlässig. Andere Parameter wie Viskosität oder Löslich N beruhen auf einer Kombination von Substanzen plus einer Enzymwirkung in der Maische, was sich mit dieser Technologie nicht erfassen bzw. vorhersagen lässt. In der Mälzerei kann mit diesen Geräten auch der Wassergehalt des Keimgutes schnell und zuverlässig bestimmt werden.

 

Optische Bestimmung der Sortenreinheit

In den letzten Jahren sind weitere Schnellmethoden entwickelt worden, die miniaturisierte Elektronik, hochentwickelte optische Verfahren und Künstliche Intelligenz verwenden.

 

Künstliche Intelligenz hilft bei der Beschreibung von morphologischen Merkmalen der Gerste
Abb. 1  Künstliche Intelligenz hilft bei der Beschreibung von morphologischen Merkmalen der Gerste

 

Ein System zur Bestimmung der Sortenreinheit basiert auf der unterschiedlichen Ausprägung morphologischer Merkmale der Gerstensorten. In der Vergangenheit wurde das Prinzip bereits genutzt, um Sorten durch visuelle Beurteilung zu unterscheiden. Die Methode erforderte langjährige Erfahrung des Laborpersonals und ein stetiges Training, um neue Sorten einordnen zu können. Durch Verwendung Künstlicher Intelligenz gelang es der Firma Zoom­Agri SL, Madrid, Spanien [2], eingescannte Bilder von einzelnen Gerstenkörnern nach den unterschiedlichen morphologischen Merkmalen zu charakterisieren. Die aus vielen Tausenden Scans mittels Künstlicher Intelligenz erarbeiteten Modelle sind sortenspezifisch und erlauben eine Analyse von knapp 400 Körnern je Durchgang. Die Körner werden dazu in eine Matrix eingelegt. Die Messung erfolgt zerstörungsfrei über einen Flachbettscanner. Das erzeugte Bild wird innerhalb weniger Minuten analysiert und das Ergebnis auf dem Laptop-Monitor angezeigt (Abb. 1). Praxisversuche konnten bestätigen, dass die Hauptsorten zuverlässig bestimmt werden. Neue Sorten oder jahrgangsspezifische Eigenschaften können über das Internet auf die Auswerteeinheit aufgespielt werden.

 

Abb. 4 Bestimmung der Fusarienbelastung
Abb. 2 Bestimmung der Fusarienbelastung

 

Gushinggefahr erkennen mit dem Videometer

Eine grundlegend andere Technologie, die allerdings nicht weit verbreitet ist, wird bei der Bestimmung von mit Fusarien befallenen Körnern mit dem Videometer [3] eingesetzt. Das Gerät misst die Reflexion von NIR-Strahlung von der Kornoberfläche. Eine Schale mit ca. 100 Körnern wird im lichtdicht abgeschirmten Messbereich des Gerätes mit weißem Licht aus einer definierten Lichtquelle beleuchtet. Im ersten Schritt misst eine CCD Kamera die Umrisse der Körner (Abb. 2 oben) und berechnet daraus die Fläche jedes Korns. Im nächsten Schritt misst ein Dioden-Array-Detektor die reflektierte Strahlung für einen Wellenlängenbereich von 430 – 970 nm. Daraus wird über ein Modell die von Fusarien befallene Fläche je Korn und die mittlere Belastung der Probe errechnet. Auf Abbildung 2 sind in den unteren Bildern die mit Fusarien belasteten Flächen je Korn gelb und rot dargestellt.

 

Abb. 5 Vergleich eines Jahres mit geringem (links) und mit hohem Gushingpotenzial (rechts)
Abb. 3 Vergleich eines Jahres mit geringem (links) und mit hohem Gushingpotenzial (rechts)

 

Die ursprüngliche Idee der Anwendung, das Gushingpotenzial bereits in der Gerste vorherzusagen, ließ sich nicht realisieren. Es kann aber aus Erfahrung konstatiert werden, dass Werte unter 20 Prozent Fusarien-belastete Kornflächen mit großer Wahrscheinlichkeit kein Gushing erwarten lassen. In Jahren mit regional stark unterschiedlich ausgeprägtem Fusarienbefall erleichtert diese Kenntnis die Vorauswahl von Partien nach potenzieller Gushinggefahr. In Abbildung 3 sind für je ein Jahr mit geringem (Diagramm links oben) und mit hohem Gushingpotenzial (Diagramm rechts oben) die Verteilung der Häufigkeit der prozentualen Flächen in Klassen zu je zehn Prozent dargestellt. Im kritischen Jahr waren deutlich mehr Muster im Bereich größer 20 Prozent (rechts von der roten Linie) zu finden als im gushingfreien Jahr. Die Diagramme darunter stellen die Häufigkeit der Ergebnisse des Gushingtests in Klassen des Überschäumvolumens dar. Beginnend mit 0 – 5 g bis über 150 g ist die Häufigkeit je Klasse mit je einem Balken abgebildet. Man sieht auch hier eine ähnliche Verteilung wie bei den mit Fusarien befallenen Flächen.

 

Abb. 6 Schnelltest für die Messung der Enzymaktivität
Abb. 4 Schnelltest für die Messung der Enzymaktivität

 

Schnelltest für Enzymaktivität

Für die Malzanalyse hat die Firma Glycospot, Søborg, Dänemark [4], einen Schnelltest für die Enzymaktivität auf dem Markt gebracht. Derzeit kann damit nur die beta-Amylasenaktivität, ausgedrückt in Windisch-Kolbach-Einheiten (WK), bestimmt werden. Die Methode kann die zeitaufwändige Jod-Stärke-Titration als Schnellmethode ersetzen. Herzstück der Messung ist ein Minifotometer. Die Enzymaktivität wird durch Abspaltung von Farbmolekülen von einem gefärbten Standardsubstrat gemessen (Abb. 4). Die Probenvorbereitung ist denkbar einfach. Nach einer kurzen Extraktion auf einem handelsüblichen temperierten Schüttler und Filtration über einen Spritzenfilter erfolgt die Reaktion mit dem Substrat. Die Messung findet nach einer definierten Reaktionszeit und Temperatur mit dem Minifotometer statt. Eine umfangreiche Messreihe konnte bestätigen, dass die Wiederholbarkeit bei Verwendung von Ringanalysenmustern und deren bekannter Ergebnisse eine mittlere Abweichung von +/– 12 WK erreicht werden konnte (Abb. 5). Der Vorteil dieser Methode ist die sehr kurze Analysendauer im Vergleich zur Standardmethode, die überschaubaren Kosten für das nötige Equipment und die sehr einfache Durchführung. Die Methode ist nach Angaben des Herstellers auch auf andere Enzyme wie alpha-Amylase oder Grenzdextrinase übertragbar.

 

Abb. 7 Vergleich Glycospot-Methode mit der Standardmethode
Abb. 5 Vergleich Glycospot-Methode mit der Standardmethode

 

Fazit

Diese Beispiele lassen erkennen, dass auch in der eher konservativen Branche mit neuen und zeitgemäßen Technologien wichtige Messgrößen schneller und weniger aufwändig bestimmt werden können. Die Akzeptanz ist am weitesten, wenn keine neuen Einheiten oder Wertebereiche auftauchen. Eine Umstellung oder Erweiterung des Analysenspektrums gestaltet sich im Alltag schwierig, was der Versuch des Wechsels von der Kongressmaische auf die isotherme 65 °C-Maische eindrucksvoll gezeigt hat.

 

Quellen

  1. Foss Website, https://www.fossanalytics.com
  2. ZoomAgri Website, https://zoomagri.com
  3. Videometer Website, https://videometer.com
  4. GlycoSpot Website, https://www.glycospot.dk/malteries