Know-How


	
						
	
	

				
			
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Nach dem ersten Teil, in dem Prof. Martin Krottenthaler, Hochschule Weihenstephan-Triesdorf, Tipps zur energieeffizienten Sudhausarbeit beim Maischen, Läutern und Würzekochen gegeben hat, widmet sich dieser zweite Teil den Prozessen im Whirlpool. Auch hier lässt sich einiges optimieren, ohne dass die Bierqualität darunter leiden muss.

Die Heißtrubabscheidung im Whirlpool führt die Heißhaltung der Würze nach der Würzekochung fort. Da aber keine Heizung vorhanden ist, ist die Ausdampfung stark eingeschränkt. Somit werden Aromastoffe weiterhin gebildet, aber nur wenig ausgedampft. Dennoch sollte der Schlot des Whirlpools eine innenliegende Auffangrinne besitzen, um kondensierte Schwaden aus dem Whirlpool zu entfernen, da sich DMS dort anreichert. Ohne Auffangrinne können diese Schwaden in die Whirlpool-Würze zurückfließen.

 

DMS effizient ausdampfen

Als Beispiel eines unerwünschten Aromastoffes soll freies Dimethylsulfid (DMS) näher betrachtet werden. Es riecht nach Kohl oder gekochtem Mais. Mit einem Siedepunkt von 37 °C ist es sehr flüchtig und somit geruchsaktiv. Die DIN 8777 fordert < 100 µg/l in der Whirlpoolwürze bei der Hälfte der Kühlzeit. Die Erkennungsschwelle im Bier liegt – je nach Biertyp – bei ca. 20 – 140 µg/l. DMS wird aus dem Precursor S-Methylmethionin im Zuge des Aminosäurestoffwechsels bei der Keimung in der Mälzerei gebildet. Bei höheren Temperaturen wie z.B. beim Abdarren spaltet sich der geruchsneutrale Dimethylsulfid-Precursor (DMS-P) in geruchsaktives, freies DMS, das ausgedampft wird. Bei der Maische- und Würzekochung geschieht das Gleiche. Im Whirlpool hingegen steigt der Gehalt an freiem DMS.

Normalerweise reduziert man den DMS-P-Gehalt in der Ausschlagwürze durch geringe DMS-P-Gehalte im Malz und durch eine ausreichende Würzekochung, sodass bei einer Umwandlung des gesamten DMS-P im Whirlpool die Erkennungsschwelle des DMS im Bier nicht überschritten werden kann. Alternativ wird eine Verdampfung direkt vor der Würzekühlung durchgeführt, um den Gehalt an freiem DMS unter der Erkennungsschwelle im Bier zu halten.

Bei gleicher Gesamtverdampfung kann die temperaturabhängige Umwandlung von DMS-P in freies DMS reduziert werden. Eine Würzevorkühlung beim Ausschlagen reduziert die Temperatur im Whirlpool auf z. B. 90 °C und hat in einer Brauerei zu einer Reduzierung des freien DMS von 35 µg/l geführt. Gleichzeitig verringert sich die Hopfenisomerisierung im Whirlpool, wobei sich die sensorische Qualität der Bittere im Bier erhöht.

Der Gehalt an freiem DMS wird nach dem Sudhaus infolge der Desorption durch die Gärungskohlensäure noch einmal reduziert. Dies macht sich z.B. im Waschwasser der CO2 vor der CO2-Verdichtung geruchlich bemerkbar.

 

Ermittlung der minimalen Gesamtverdampfung

Falls Kochparameter verändert werden sollen, um Energie zu sparen, können durch eine formalkinetische Betrachtung des DMS-P-Zerfalls die DMS-Gehalte im Bier theoretisch vorausberechnet werden.

TIPP: Ermitteln Sie die Geschmacksschwelle von freiem DMS in Ihrem Bier!

Dafür muss jede Biersorte einzeln untersucht werden, da die Matrix der Biere und somit die Erkennungsschwelle von DMS sehr unterschiedlich ist. Für die Bestimmung werden steigende Mengen an DMS in die Biere gegeben und diese verkostet.

Dazu muss man noch den Gehalt an freiem DMS in dem Bier hinzuaddieren, um die Erkennungsschwelle zu erhalten. Dieser Wert sollte im Bier nicht überschritten werden. Freies DMS ist geruchsaktiv. Es leistet aber auch einen positiven Beitrag zum Biergeschmack, solange es unter der Erkennungsschwelle liegt. Ein geringer Gehalt an DMS ist kein Nachteil. Übrigens: Dies gilt auch für Diacetyl im Bier.

Der Zerfall von DMS-P zu freiem DMS erfolgt nach einer Reaktion 1. Ordnung:

 

Zerfall erster Ordnung
Gleichung 3: Der Zerfall von DMS-P zu freiem DMS erfolgt nach der Reaktionskinetik einer Gleichung erster Ordnung, k: Geschwindigkeitskonstante, A: Anfangskonzentration, At: Konzentration zum Zeitpunkt t, t: Zeit


Entsprechend erfolgt die Berechnung der Geschwindigkeitskonstante k nach Gleichung 4:

 

Berechnung der Geschwindigkeitskonstante
Gleichung 4: Berechnung der Geschwindigkeitskonstante

TIPP: Messen Sie am Anfang und am Ende eines Prozesses den Gehalt an DMS-P und ermitteln Sie die Geschwindigkeitskonstante k des Zerfalls nach Gleichung 4!

Durch eine Berechnung der Konzentrationen zu unterschiedlichen Zeitpunkten wird der Verlauf des DMS-P über den Prozess deutlich. So lässt sich ermitteln, wie sich eine Verkürzung der Kochzeit auf den DMS-P-Gehalt auswirken würde. So können Potenziale erkannt und problematisch hohe DMS-Gehalte vermieden werden.

Sie müssen sich aber immer bewusst sein, dass Ihr Modell nur auf den ursprünglichen Messwerten beruht. Somit können Sie den Faktor k nicht bei der Kochung ermitteln und einfach auf den Whirlpool übertragen. Der Grund hierfür ist die starke Abhängigkeit des DMS-P-Zerfalls von der Temperatur. Diese ist im großtechnischen Maßstab nie überall gleich und kann somit auch nie genau messtechnisch erfasst werden.

TIPP: Ermitteln Sie die Verdampfungsrate von DMS in Prozent, die durch die Gärung verursacht wird!

Messen Sie vor und nach der Gärung den Gehalt an freiem DMS. Die Geometrie des Gärgefäßes und der Gärverlauf (z. B. Gärtemperatur) beeinflussen die Desorption von DMS aus dem Bier. Somit gelten die Werte nur für die untersuchte Konstellation. Durch die Kenntnis der Erkennungsschwelle von freiem DMS in Bier und der DMS-Desorption während der Gärung erhält man einen Wert an freiem DMS, der in der Anstellwürze nicht überschritten werden sollte. Nun lassen sich die Prozessschritte Whirlpool und Würzekochung optimieren.

 

Zusammenfassung

In Zeiten hoher Energiepreise werden Möglichkeiten zur Energieeinsparung gesucht. Eine Optimierung des Energieverbrauches im Sudhaus ist meistens möglich. Vorgestellt wurden verschiedene Methoden zur Energieeinsparung im Sudhaus beim Maischen und Läutern, Würzekochen und Whirlpool. Am Beispiel der Leitkomponente DMS wurde eine Berechnungsmethode vorgestellt, wie die Gesamtverdampfung und somit der Energieverbrauch reduziert werden kann. Aspekte verschiedener Kochsysteme wurden dargestellt.