Know-How


	
						
	
	

				
			

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Keiner weiß es so genau: Lässt sich das Aroma, das bei der Kalthopfung im Bier entsteht, vorhersagen? So viele Faktoren spielen eine Rolle: Sorte, Menge, Erntebedingungen – dazu kommen dann noch Temperatur und Kontaktdauer im Keller. Außerdem ist ja noch nicht mal klar, welche Aromastoffe nun sensorisch den Ausschlag geben. Puh, wo also anfangen?

Welche Temperaturen und Kontaktzeiten ihr wählen solltet, dafür geben wir im Folgenden einige Anhaltspunkte. Viele Brauer arbeiten bei der Kalthopfung mit einem sog. Hop Slurry. Hopfen wird mit Wasser oder Bier gemischt und diese Mischung dem Bierstrom zugegeben. In den Versuchen, aus denen die folgenden Erkenntnisse hervorgehen, wurde mit einer Hopfenkonzentration von 1000 g/hl gearbeitet. Analysiert wurden hauptsächlich die Aromastoffe Linalool (blumig-fruchtiges Aroma), Geraniol (rosenartiges Aroma) und Myrcen („grünes“ Aroma). Wichtig ist, dass diese Stoffe allein nicht das gesamte Aroma bestimmen. Die Zusammensetzung aus allen Aromastoffen ist ausschlaggebend für das Resultat.

 

Versuchsaufbau

Bei den Versuchen kam die Sorte Hallertauer Tradition, Pellet Typ 90 und Pellet Typ 45, zum Einsatz. Es wurde mit drei verschiedenen Temperaturen gearbeitet (0 °C, 13 °C, 20 °C). Das ganze jeweils in einem statischen und in einem dynamischen System. Die Proben wurden nach 0.3, 1, 3, 6 und 24 Stunden mittels GC-MS/MS untersucht. Eine wichtige Frage war dabei: Gibt es eine optimale Kalthopfungsdauer? Bisher hat sich immer gezeigt: Die meisten messbaren Aromastoffe wie Linalool, Geraniol und Myrcen erreichen bereits nach sechs bis acht Stunden eine maximale Konzentration.

 

Ergebnisse

Myrcen wird bei dynamischer Extraktion und höheren Temperaturen besser gelöst. Die Unterschiede sind größer zwischen 13 °C und 20 °C als zwischen 0 °C und 13 °C. Nachdem Myrcen gelöst ist, wird es aber auch schnell wieder abgebaut. Auch bei Linalool ist die Extraktion bei höheren Temperaturen und im bewegten System besser. Interessanterweise wurden bei diesen Versuchen bei 13 °C die höchsten Linaloolwerte erzielt. Die Analysen nach 24 h zeigten, dass über die Zeit kein Abbau von Linalool stattfand. Die an Geraniol extrahierten Mengen sind natürlich viel geringer im Vergleich zu Linalool, vom Verlauf jedoch ähnlich. Bei der 20 °C Probe baut Geraniol nach 24 h jedoch bereits wieder leicht ab. Man sieht ganz klar, dass die Konzentrationen bei den Versuchen mit Pellet Typ 45 in einem dynamischen System in Summe wesentlich höher liegen, als bei den Versuchen mit Pellet Typ 90.

Folgende Tabelle zeigt, dass es für jeden Aromastoff ein individuelles Ausbeutemaximum gibt, je nach Zeit und Temperatur. Die Zahlen stehen dabei für den Faktor, um den die Ausbeute bei der Verwendung von Pellets Typ 45 besser ist im Vergleich zu Pellets Typ 90. 

10 g/l dynamisch            
  Temperatur 0,3 h 1 h 3 h 6 h 24 h
Myrcen 20 °C 2,91 1,68 2,19 3,22 1,43
  13 °C 12,70 11,24 15,88 0,69  
  0 °C 4,15 24,21 15,64 6,24  
Linalool 20 °C 1,03 1,37 1,34 1,63 1,59
  13 °C 1,38 1,69 2,76 1,49  
  0 °C 0,91 1,22 1,46 1,71  
Geraniol 20 °C 1,94 2,27 2,48 4,10 4,51
  13 °C 3,12 2,08 3,53 2,20  
  0 °C 0,60 2,04 2,00 1,95  


Was lernen wir daraus? 

Das Hopfenaroma kaltgehopfter Biere besteht aus mehreren hundert verschiedenen Aromastoffen. Jeder von ihnen besitzt individuelle Eigenschaften in Bezug auf sensorische Qualität, Polarität, Löslichkeit und Flüchtigkeit. Die Versuche zeigen, dass in einem dynamischen System die Aromastoffe wesentlich schneller gelöst werden. Außerdem spielt die Temperatur eine große Rolle. Andererseits können nach entsprechender Zeit alle Monoterpenalkohole, also etwa Linalool und Geraniol, eine ähnliche Konzentration erreichen. Nach einer maximalen Extraktion ergibt sich bei einigen Aromastoffen wieder eine Konzentrationsabnahme. Da alle Versuche mit der Sorte Hallertauer Tradition durchgeführt wurden, sind weitere Versuche notwendig, um diese Ergebnisse auch für andere Sorten zu bestätigen.

 

Der Beitrag basiert auf den Forschungsergebnissen der Autoren Sebastian Hinz, Dr. Christina Schönberger und Tobias Becher, alle Joh. Barth & Sohn GmbH & Co. KG, Nürnberg. Ausführlich nachzulesen in der BRAUWELT.