Know-How


	
						
	
	

				
			

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In einer kleineren Brauerei verfügt ihr oft nicht über eine sehr üppige Laborausstattung. Dennoch wollt ihr eine möglichst kontinuierliche und detaillierte Qualitätskontrolle durchführen. Dann sind eure sensorischen Fähigkeiten gefragt. Auf was ist dabei zu achten? Und wie sollten Verkostungen dokumentiert werden? Damit wollen wir uns im folgenden Artikel beschäftigen.

Prinzipiell können Biere nach folgenden Kriterien beurteilt werden:

  • Farbe
  • Glanzfeinheit
  • Schaum
  • Geruch
  • Reinheit des Geschmacks
  • Drinkability
  • Körper
  • Bittere
  • Nachtrunk

 

Farbe

Die Farbe ist eines der wohl markantesten und deutlichsten Zeichen eines Bieres. Sie wirkt normalerweise als erstes Kriterium auf den Verkoster. Die Farbe ist meist auch typisch für den Bierstil und sollte sich dementsprechend in den allgemein anerkannten Grenzen für den jeweiligen Stil bewegen. Mit etwas Übung kann der Verkoster weitgehend genau den Farbwert eines Bieres angeben. Für den Anfang empfiehlt sich allerdings eine Farbschablone, die durch den Vergleich eine genaue Einordnung ermöglicht.

 

Glanzfeinheit

Der Begriff Glanzfein beschreibt die Klarheit eines Bieres. Unfiltrierte Biere weisen normalerweise Resttrübungen auf, deren Stärke auch von den Bedingungen im Lagerkeller beeinflusst wird.

 

Schaum

Kaum eine andere Eigenschaft des Bieres löst bei Biertrinkern größere Diskussionen aus. Während es in einigen Ländern schon fast als unhöflich gilt, dem Glas Bier eine schöne Schaumkrone aufzusetzen, so gibt es genauso Länder, in denen ein Bier ohne Schaum ein absolutes No-Go ist.

Den Schaum beurteilt man nach seiner Feinporigkeit, seiner Stabilität und dem Haftvermögen am Glas. Auch die Farbe des Schaums spielt eine Rolle. Während bei dunklen Bieren ein leicht bräunlicher Schaum durchaus gewünscht sein kann, wäre dieser bei einem Lager definitiv als Mangel anzusehen.

 

Geruch

Der Geruch des Bieres sollte sortentypisch sein. Für jeden Biertyp gibt es Aromen, die auf alle Fälle vorhanden sein sollten, aber auch Aromen, die vorhanden sein können. Definitiv sollte das Bier frei von Off-Flavours sein, was jedoch auch nicht immer einfach zu unterscheiden ist. Während beispielsweise in einem böhmischen Lagerbier Diacetyl eine durchaus erwünschte Geruchskomponente sein kann, wäre dies in einem Pilsener deutscher Brauart ein absolutes Off-Flavour.

Farbe, Schaum, Glanz – wichtige Beurteilungskriterien

 

Reinheit des Geschmacks

Der Geschmack eines Bieres steht sicherlich im Mittelpunkt jeder Verkostung. Der Geschmack sollte sortentypisch und rein sein. Auch hier gilt, dass bestimmte Geschmackskomponenten entsprechend dem Bierstil vorhanden sein müssen, andere aber auch zusätzlich vorhanden sein können. Insbesondere beim Geschmack kommen eventuelle Fehlaromen sehr stark zum Tragen. Fehlgeschmäcker können viele unterschiedliche Ursachen haben, doch anhand des Fehlgeschmacks lässt sich häufig ein Rückschluss auf die Ursachen treffen. So kann beispielsweise ein Diacetyl-Geschmack entweder ein Hinweis auf eine fehlerhafte Reifung des Bieres oder aber durch mikrobielle Kontamination verursacht sein.

 

Drinkability

Die Drinkability spielt mittlerweile eine sehr starke Rolle als Eigenschaft des Bieres. Sie beschreibt, ob das Bier zum Weitertrinken einlädt oder nicht. Sie hat allerdings nur sehr wenig mit dem Geschmack zu tun. Ein schwerer Bock mit einem sehr niedrigen Endvergärungsgrad kann durchaus geschmacklich ein hervorragendes Bier sein, das jedoch aufgrund des imensen Körpers nicht unbedingt zum Weitertrinken einlädt.

 

Körper

Der Körper eines Bieres geht ein wenig Hand in Hand mit der Drinkability, obwohl diese nicht ausschließlich vom Körper beeinflusst wird. Der Körper eines Bieres wird durch mehrere Faktoren beeinflusst. So hängt der Körper mit dem Endvergärungsgrad zusammen. Je niedriger dieser ist, desto mehr Körper hat das Bier. Auch der Körper sollte zum Bierstil passen. Ein American Lager zeichnet sich normalerweise durch einen sehr schlanken Körper aus, während beispielsweise ein Baltic Porter schon einen deutlich robusteren Körper hat. Ist der Körper eines Bieres überbetont, so wirken diese Biere sehr schnell mastig, was wiederum auch die Drinkability herabsetzt und das Bier unattraktiv werden lässt.

 

Bittere

Die Bittere sollte vom Hopfen herrühren. Es kommt jedoch auch vor, dass Biere eine andere Bittere haben, die beispielsweise vom Wasser oder von der Hefe herrührt. Hierbei handelt es sich aber um unerwünschte, meist sehr unangenehme Bittere. Die Bittere sollte natürlich auch wieder sortentypisch sein. So sollte ein IPA eine deutlich stärkere Bittere haben als beispielsweise ein Weizenbier deutscher Brauart. Die Bittere sollte nicht zu lange anhalten, also nicht nachhängend sein. Nachhängend bedeutet, dass der Eindruck der Bittere lange auf den dafür verantwortlichen Rezeptoren nachklingt. Ebenso spricht man hier gerne von einer feinen Bittere, die das Bier aufweisen sollte, seitens des Hopfen sollte hier also eine angenehme Geschmacksempfindung auf den Verkoster wirken.

 

Nachtrunk

Unter Nachtrunk versteht man den Eindruck, den ein Bier beim Verkoster hinterlässt, wenn er das Bier heruntergeschluckt hat. Hier wirken mehrere Einflüsse. Wie bereits erwähnt, ist die Bittere einer der Faktoren, die den Nachtrunk beeinflusst. Der Nachtrunk sollte rein sein, er darf durchaus auch einen differenzierten Geschmackseindruck hinterlassen. Doch auch er sollte sortentypisch sein und den Gesamteindruck abrunden.

 

Wie gehe ich bei der Verkostung vor?

Selbstverständlich verkostet der Braumeister während des Herstellungsprozesses häufiger, ohne hierbei auf besondere Dinge zu achten. Sollte aber die Verkostung als wesentlicher Bestandteil der Qualitätskontrolle in den Betrieb integriert werden, müssen auch eigens Verkostungen angesetzt werden.

Hierfür sollte idealerweise ein Verkosterpanel etabliert werden; mehrere Verkoster sollten an der Verkostung teilnehmen, um so dem subjektiven Geschmacksempfinden eines einzelnen entgegenzuwirken. Die Verkoster sollten entsprechend geschult sein, dies kann von einschlägigen Institutionen durchgeführt werden.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist Zeit und Ort der Verkostung. Es empfiehlt sich, die Verkostungen etwa um 11.00 Uhr durchzuführen. Also vor dem Mittagessen, bei dem die Geschmacksnerven der Verkoster häufig durch Gewürze und andere Eindrücke nachhaltig beeinflusst werden. Als Verkostungsort ist ein Raum zu wählen, der zum einen die notwendige Ruhe bietet, so dass sich die Verkoster auch auf die Verkostung konzentrieren können, zum anderen sollte der Raum frei von Fremdgerüchen sein. Das Bier sollte in durchsichtigen Gläsern serviert werden, die es auch erlauben, Farbe, Klarheit und Schaum zu beurteilen. Die Temperatur des Bieres sollte nicht zu kalt sein, da Fehlaromen bei kalten Bieren teilweise nur schwer wahrgenommen werden können. Grundsätzlich sollte bei einer Verkostung nicht über den jeweiligen Geschmackseindruck gesprochen werden. Viele Verkoster schmecken Aromen plötzlich, sobald ein anderer Verkoster behauptet, diese seien in dem Bier vorhanden.

 

Wie dokumentiere ich eine Verkostung?

Es besteht die Möglichkeit, auf bewährte Verkostungsschemata zurückzugreifen, die auch im Internet verfügbar sind, oder aber ein Verkostungsschema selbst zu erstellen. Ein Beispiel hierfür wäre es, die oben aufgeführten Charakteristika, auf die bei der Verkostung geachtet werden soll, mit einem Punkteschlüssel zu versehen. Dieser Punkteschlüssel gibt dann für jedes Kriterium eine maximal mögliche Höchstpunktzahl an. Der Verkoster entscheidet, wie viele Punkte er dem Bier in dem jeweiligen Kriterium geben möchte, abschließend werden die Punkte addiert und ergeben eine Gesamtpunktzahl.

Bestimmte Kriterien, wie beispielsweise Reinheit des Geschmacks, haben höhere Höchstpunktzahlen, was die Bedeutung dieser Kriterien auf das Gesamtergebnis steigert. Final könnt ihr dann noch entscheiden, wie viele Punkte ein Bier zum Beispiel haben muss, um euren Qualitätsanforderungen zu genügen.