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„Die Hefe ist auch nur ein Mensch.“ Nach diesem Motto sollte sie auch in Brauereien behandelt werden. Im Rahmen einer Abschlussarbeit an der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf in Weihenstephan hat sich gezeigt, dass dem Hefemanage­ment in der Praxis nicht immer die notwendige Aufmerksamkeit geschenkt wird, obwohl die Hefequalität einen so bedeutenden Einfluss auf die Bierqualität nimmt. Andreas Schabert und Prof. Martin Krottenthaler bieten euch einen kurzen Überblick über die wichtigsten Punkte beim Hefema­nagement.

Die Hefezelle

Die „Hefevitalität“ beschreibt, wie gut die Hefeaktivität oder Gärleistung ist, wie auch die Fähigkeit der Hefezelle, Stress auszuhalten. Ebenfalls eine bedeutende Rolle spielt die „Hefeviabilität“, also der Anteil lebender Zellen. Bei einem zu geringen Anteil wird nämlich die Gärleistung verringert und zusätzlich das Geschmacks­profil des Bieres verändert. Eine vermehrte Anzahl toter Zellen birgt das Risiko, dass Autolyse-Substanzen wie z. B. mittelkettige Fettsäuren oder Hefeproteasen ins Gärsubstrat gelangen und die Geschmacks- wie auch die Schaumstabilität verringern. Die folgende Tabelle zeigt auf, welche Faktoren für die Hefe Stress bedeuten.

 

Hefestress - verschiedene Parameter, die auf die Hefe einwirken

 

Hefeherführung

Hefeherführung bedeutet, eine hochvitale Hefe in den bestmöglichen physiologischen Voraussetzungen in ausreichender Menge und in kürzester Zeit bereitzustellen. Hierfür gibt es unterschiedliche Verfahren. Den Startpunkt bildet eine Reinzuchthefe aus einer Hefebank, die als „Tröpfchenkultur“ oder „Plattenmethode“ an die Brauereien geliefert wird. Bei allen Verfahren gilt es, wichtige Einflussfaktoren auf die Hefevermehrung zu beachten. Dazu gehören die Zuckerkonzentration, das Angebot an essenziellen Nährstoffen in der Würze, die Sauerstoffkonzentration und die Temperaturführung.

 

Offen oder geschlossen

Im Vergleich zu offenen Verfahren bietet die geschlossene Propagation Vorteile bezüglich der mikrobiologischen Sicherheit und der Automatisierbarkeit, denn die Hefesuspension kann im Intervall oder kontinuierlich mit Sterilluft belüftet und bis zum Erreichen des Hochkräusenstadiums im jeweiligen Propagator gehalten werden. Jedoch ist das Verfahren mit teuren Anlagen und hohem Reinigungsaufwand verbunden. Bei der offenen „Herführung“ benötigt man dagegen keine speziellen Anlagen, vorhandene Gefäße wie Hefewannen oder kleine Gärtanks können verwendet werden. Ein Vorteil der offenen Gärung ist, dass sie den auf die Hefe einwirkenden Stress durch geringeren CO2-Gehalt gering senkt.

 

Die Hefe produziert mehr als 80 Prozent der Aromastoffe im Bier
Die Hefe produziert mehr als 80 Prozent der Aromastoffe im Bier (Foto: Prof. Müller-Schollenberger, HSWT)

 

Der Vorteil der Assimilation ist, dass sich die Hefe durch fortlaufende Belüftung der Würze ständig in der Vermehrungsphase, der sogenannten log-Phase, befindet. Die Hefe befindet sich im hochaktiven, sprich hochvitalen Zustand. Eine Anlage zur Hefeassimilation zeichnet sich durch eine hohe Vermehrungsrate und geringe Gärrate (Vergärung von etwa 3 %mas während einer Assimilationsphase) aus. Ein positiver Aspekt gegenüber der Propagation ist der geringere Aufwand bezüglich Automatisierbarkeit (von nur einem Tank).

 

Anstelltechnologie und Gärung

Unter Anstelltechnologie versteht man die Vermischung und Belüftung der Hefe mit der Anstellwürze. Die Würzebelüftung muss auf die gewünschte Hefevermehrung ausgerichtet sowie auf die Hefegabe und Würzezusammensetzung abgestimmt werden. Angestrebt wird eine maximale Belüftung von 8 – 10 mg/l Sauerstoff, da eine zu geringe Belüftung zu einer verlangsamten Hauptgärung und verminderten Bierqualität führt.

Bei der Drauflasstechnik ist darauf zu achten, dass bei zu langen Sudintervallen nicht alle Sude belüftet werden. Dies führt zu ständigem Wechsel von Atmungs- und Gärungsstoffwechsel der Hefe, damit letztlich zu Zeitverzögerungen und einer unkontrollierten Bildung von Gärungsnebenprodukten.

 

Offene Gärbottiche sehen nicht nur gut aus, sondern senken auch den Stress der Hefe durch geringeren CO2-Gehalt
Offene Gärbottiche sehen nicht nur gut aus, sondern senken auch den Stress der Hefe durch geringeren CO2-Gehalt

 

Gewöhnlich stellt der Brauer mit 15 – 30 Mio Hefezellen/ml zum ersten Sud an. So finden alle Hefezellen dasselbe Angebot an Nährstoffen und Sauerstoff über den Anstellrythmus hinweg vor. Eine zu hohe Hefegabe verringert die Vermehrung aufgrund des geringeren Nährstoffangebots pro Zelle.

 

Temperaturschocks vermeiden

Bezüglich der Anstell- und Gärtemperatur ist zu beachten, dass die Temperaturdifferenz zwischen Anstellhefe und Anstellwürze nicht zu hoch ist. Ein Temperaturschock der Hefe wäre die Folge. Hohe Gärtemperaturen steigern zwar die Hefevermehrung und Gärintensität, jedoch führt dies auch zur verstärkten Bildung von höheren Alkoholen, erhöhtem Bitterstoffverlust, einer geringeren Schaumhaltbarkeit und somit zu der Gefahr der Hefeautolyse. Zudem wird die Schaumbildung gefördert, so dass ein größerer Steigraum notwendig ist.

Die Erntehefe sollte unmittelbar nach Erreichen des Endvergärungsgrades abgeschossen werden.

Da die Hefe sehr empfindlich auf Temperaturunterschiede reagiert, sollte darauf geachtet werden, dass nicht mehr als ein Kelvin pro Tag heruntergekühlt wird.

 

Erntehefebehandlung

Da sich die untergärige Hefe bis zum Ende der Hauptgärung am Boden absetzt, kann sie leicht geerntet werden. Der richtige Zeitpunkt der Hefeernte spielt dabei auch eine wichtige Rolle, da nach der Hauptgärung der Hefe keine weiteren Nährstoffe zur Verfügung stehen. Des Weiteren ist sie einem hohen Gehalt an CO2 und Ethanol ausgesetzt, was zusätzlichen Stress für die Hefe bedeutet.

 

Die Erntehefe sollte unmittelbar nach Erreichen des Endvergärungsgrades abgeschossen werden
Die Erntehefe sollte unmittelbar nach Erreichen des Endvergärungsgrades abgeschossen werden

 

Die abgesetzte Hefe bildet drei Schichten, wobei die unterste Schicht die meisten toten Zellen beinhaltet.

Wenn die Hefe nicht direkt zum Anstellen benötigt wird, ist es wichtig, sie auf 0 – 3 °C herunterzukühlen und sie auf keinen Fall zu belüften. Hierdurch würde der Stoffwechsel wieder aktiviert: Sie würde dann ihre eigenen Reservestoffe abbauen und sich schwächen.

 

Reifung und Lagerung

Um eine ausreichende Nachgärung zu garantieren, müssen genügend gärkräftige Hefen vorhanden sein. Egal, ob „grün“ geschlaucht oder aufgekräust wird. Zu den wichtigsten Aufgaben der Hefen an dieser Stelle gehören die Vergärung des verbliebenen Restextrakts, die Sättigung des Bieres mit Kohlensäure, die Reduktion des Diacetylgehalts unter den Geschmacksschwellenwert und letztendlich die Klärung des Bieres. Besonders eignen sich hierfür Staubhefen, da sie selbst bei tiefen Temperaturen den Endvergärungsgrad erreichen. Hier muss man jedoch berücksichtigen, dass bei einer erhöhten Hefegabe das Risiko der Hefe­autolyse steigt. Insbesondere dann, wenn die sedimentierte Hefe nicht gekühlt oder abgeschossen werden kann. In Abhängigkeit der jahrgangsbedingten Schwankungen der Rohstoffqualität werden allerdings erhöhte Hefezahlen bewusst eingesetzt, um die Klärung und somit die Filtrierbarkeit zu erhöhen.

 

Zusammenfassung

Die Hefe sollte nicht gestresst werden, um Stockungen in der Gärung und eine Reduktion der Geschmacksstabilität zu verhindern. Stress kann durch Hefeherführen, Anstellen, Gärung, Hefeernten und Lagerung verursacht werden. Die wichtigsten Parameter im Hefemanagement sind: Viabilität, Vitalität, Hefezellzahl, Belüftung, Temperatur und natürlich Zeit. Jede Brauerei muss ihr Hefemanagement auf die betriebseigenen Anforderungen abstimmen. Eines ist ganz klar: Zeit und Kosten zahlen sich durch eine verbesserte Qualität der Biere am Ende des Tages aus.

Dieser Beitrag ist ursprünglich in BRAUWELT Nr. 4, 2021, S. 84-86 erschienen.