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Dieses Jahr geht die Deutsche Meisterschaft der Hobbybrauer in die dritte Runde. Am 14. September 2019 treffen sich rund 150 Hobbybrauer in Stralsund im Störtebeker Brauquartier. Dort präsentieren sie der Jury und den Besuchern ihre selbstgebrauten Biere. GradPlato sprach mit Jens Reineke, Innovationsmanager, und Elisa Raus, Pressesprecherin der Störtebeker Braumanufaktur, über die Meisterschaft und die begleitend stattfindende Ausstellung Home & Craft by drinktec, die auch schon am 13. September für Besucher ihre Tore öffnet.

 

GradPlato: Bei der 1. Deutschen Meisterschaft der Hobbybrauer 2017 kamen 80 Teilnehmer, letztes Jahr dann schon 120. In diesem Jahr erwarten Sie 150 Hobbybrauer. Wie werden Sie mit dem eigenen Erfolg fertig?

Reineke: Zunächst einmal freuen wir uns natürlich, dem Thema eine Plattform von nationalem Charakter geben zu können, auf der Hobbybrauer sich austauschen, weiterbilden und auch präsentieren können. Wo sie Feedback für ihre Biere bekommen und für das, was sie zu Hause tun. Es freut uns auch, dass die Veranstaltung so gut angenommen wird und immer mehr Hobbybrauer aus ganz Deutschland den Weg nach Stralsund auf sich nehmen. Das ist das beste Lob, das wir bekommen können. Wir haben hier mit dem Störtebeker Brauquartier eine sehr schöne Location und einen großen Veranstaltungsbereich, der genug Platz für Wettbewerb, Ausstellung, Festival und Workshops bietet. Und in zwei Jahren werden wir aufgrund unserer Kooperation mit der drinktec, die Veranstaltung in München stattfinden lassen. Ein bisschen Luft nach oben ist aber bekanntlich immer.

 

Pflichttermin für Hobbybrauer: 3. Meisterschaft der Hobbybrauer im Störtebeker Brauquartier in Stralsund
Pflichttermin für Hobbybrauer: 3. Meisterschaft der Hobbybrauer im Störtebeker Brauquartier in Stralsund (Foto: Störtebeker Braumanufaktur)

 

°P: Wie kommt denn die Messe München zu Ihnen in den hohen Norden?

Reineke: Das hat sich letztendlich im Rahmen der drinktec 2017 ergeben. Mit dem Auftreten von Craft Bieren und Brauspezialitäten ist auch bei vielen Konsumenten das Interesse gewachsen, sich dem Thema Bier von der Herstellungsseite zu nähern. Deswegen hat die drinktec das Format Home & Craft geschaffen, einen Ausstellungsbereich mit Vortragsprogramm. Als wir dort aufeinandergetroffen sind, haben wir gesagt: „Messe, Ausstellung, Workshops, das ist eure Kernkompetenz, das macht ihr richtig gut – wir haben unser Herz absolut beim Bier und beim Brauen, und wir haben eine tolle Location und die absolute Motivation, so etwas zu veranstalten.“ Daraus ist dann diese sehr fruchtbare Zusammenarbeit entstanden.

Raus: Fruchtbar auch gerade, was das Thema Netzwerke angeht, also die verschiedenen Hersteller für den kompletten Hobbybrauerbedarf, die Kompetenzen für die verschiedenen Workshops und alles, was dazugehört. Das ergänzt sich mit der Meisterschaft der Hobbybrauer hervorragend.

 

°P: Gibt es im Ausstellungsbereich Home & Craft Schwerpunkte?

Raus: Nein, es ist alles dabei, was den Hobbybrauer berührt und was ihm weiterhilft. Vom Rohstoff über das gesamte Equipment. Manche Hersteller bieten sehr professionelle und technisch ausgefeilte Brauanlagen an. Daneben findet man alles andere, was über den Tellerrand hinausgeht. Die Vereinigung der Haus- und Hobbybrauer in Deutschland ist auch unter den Ausstellern. Hier finden die Besucher eine Plattform, um sich auszutauschen. Das Portfolio ist sehr vielfältig und dementsprechend interessant.

Reineke: Wenn man es zusammenfasst, geht es vom Malzkorn bis zum Holzfass. Vom Rohstoff über das Equipment bis hin zur Analysetechnik. Zusammen mit den Workshops ergibt das eine spannende Geschichte. Die Hobbybrauer können sich hier austauschen und bekommen eine Basis, um noch besser zu werden, sowohl von der Ausstattung her als auch vom Know-how.

 

Vom Malzkorn bis zum Holzfass: Equipment für Hobbybrauer auf der Home & Craft (Foto: Störtebeker Brauquartier)
Vom Malzkorn bis zum Holzfass: Equipment für Hobbybrauer auf der Home & Craft (Foto: Störtebeker Braumanufaktur)

 

°P: Welche Themen behandeln die angebotenen Workshops?

Reineke: Bis zur drinktec 2012 haben wir gemeinsam mit unseren Partnern aus München einen Fahrplan erarbeitet, mit dem wir den Brauprozess und insbesondere die Rohstoffe unter die Lupe nehmen. Dieses Jahr starten wir mit den Themen Hopfen und Wasser. Letzteres macht ja bekanntlich über 90 Prozent vom Bier aus, ist aber für viele Hobbybrauer ein ganz undurchsichtiges Thema: vorübergehende Härte, bleibende Härte, Kationen und Anionen … ein düsteres Feld, dem man sich ungern nähert. Da werden wir mit einem interaktiven Workshop Licht ins Dunkel bringen. Und zum Thema Hopfen wird ein Braumeister von Barth-Haas sprechen: Welche Arten von Hopfenaromen gibt es und wie kann man die ins Bier bringen? Das ist für den Hobbybrauer aufbereitetes Profiwissen und direkt anwendbar.

Raus: Der Fahrplan dient dazu, in den nächsten Jahren Doppelungen zu vermeiden und mit unterschiedlichen, aufeinander aufbauenden Themen einen Mehrwert zu bieten. Die Hobbybrauer können mit jeder weiteren Teilnahme etwas Neues lernen.

 

°P: Also einmal durch die gesamte Bierproduktion.

Reineke: Ja, in den nächsten Jahren stehen zum Beispiel noch Malz und Hefe auf dem Programm. Und dann geht es noch durch die verschiedenen Schritte der Produktion bis hin zu Themen wie Qualitätssicherung und Sensorik.

 

°P: Sprechen Sie mit Ihrer Veranstaltung eigentlich auch Craft Brauer an?

Reineke: Nein, die Deutsche Meisterschaft der Hobbybrauer richtet sich explizit an Hobbybrauer, das heißt, Menschen, die in ihrer Freizeit ohne kommerzielle Interessen Bier brauen. Wir ziehen da eine feine, klare Grenze und sagen ganz deutlich: das ist Hobby, das ist privat, das ist nicht kommerziell.

Raus: Wobei für einige aber der Weg geebnet wird. Man kennt ja diese Geschichten, wo Leute zu Hause in der Garage angefangen haben, Bier zu brauen, und sich damit sehr erfolgreich entwickelt und den Sprung ins Geschäft geschafft haben.

Reineke: Ein tolles Beispiel von uns aus dem letzten Jahr sind die Kreativbiersieger, Tandembräu aus Berlin. Beruflich in der IT-Branche unterwegs, aber jetzt auf dem Sprung dazu, in Berlin einen eigenen Tap-Room mit einer eigenen kleinen Mikrobrauerei zu eröffnen. Also man sieht schon, vom Hobby zur Professionalität ist der Schritt manchmal gar nicht so groß.

Raus: Die Home & Craft als Teil unserer Veranstaltung bietet jedoch auch für Bierinteressierte und Craft Brauer spannende Themen. Einem Besuch des Festivals oder der Workshops steht also nichts im Wege.

 

°P: Wie wird es mit der Deutschen Meisterschaft der Hobbybrauer in den nächsten Jahren weitergehen?

Reineke: Nach zwei erfolgreichen Veranstaltungen haben wir einen Pflichttermin für Hobbybrauer aus dem ganzen Land geschaffen. Wir sind zuversichtlich, dass wir auch im kommenden Jahr die Teilnehmerzahl wieder steigern können, bevor wir dann 2021 mit der Veranstaltung nach München gehen. Im Rahmen der drinktec bringen wir die Deutsche Meisterschaft einem internationalen Publikum näher und sind schon gespannt, wie sich das Ganze dann verknüpfen wird.

 

Optimale Location für die Meisterschaft: das Störtebeker Brauquartier (Foto: Störtebeker Braumanufaktur)
Optimale Location für die Meisterschaft: das Störtebeker Brauquartier (Foto: Störtebeker Braumanufaktur)

 

°P: Also steht die erste europäische Meisterschaft der Hobbybrauer an?

Reineke: Man merkt auf jeden Fall, dass das Thema Hobbybrauen im Ausland eigentlich schon auf viel breiteren Beinen steht. Da steckt Deutschland vielleicht noch in den Kinderschuhen. Dementsprechend wäre eine europäische Meisterschaft oder ähnliches eine reizvolle Veranstaltung.

 

°P: Der Wettbewerbsstil der 3. Deutschen Meisterschaft der Hobbybrauer ist ein „Brut IPA“ … was muss oder kann man sich unter diesem Stil vorstellen?

Reineke: Von einem „Brut IPA“ haben wahrscheinlich viele Brauer einen großen Respekt, und manchen ist der Stil noch gar nicht bekannt. Wie jedes Jahr hatten wir uns unter den Hobbybrauern umgehört, was für die nächste Meisterschaft interessant sein könnte. Wir haben dann eine Online-Abstimmung durchgeführt, in der am Ende das Brut IPA als Sieger hervorgegangen ist. Ich möchte den Stil mal als Hopfen-Champagner bezeichnen. Ein besonders hochvergorenes Bier mit wenig Restextrakt, schlank und trocken, mit tropisch-fruchtigen Hopfenaromen. Wir sind richtig gespannt, was auf uns zukommt. Unsere Juroren sind wie jedes Jahr herausgefordert, 2018 gab es 120 verschiedene Wit-Biere zu verkosten.

Raus: Im Vergleich dazu war aber das erste Jahr für die Jury noch deutlich anspruchsvoller mit 80 hellen Bockbieren. Denen nach oben hin gefühlt vom Alkohol keine Grenze gesetzt war. Das wird beim Brut IPA ebenfalls spannend.

Reineke: Ein Brut IPA ist für viele sehr interessant, weil man mit verhältnismäßig wenig Extrakt durch den hohen Vergärungsgrad hohe Alkoholgehalte erzielen und den Hopfen ganz in den Mittelpunkt stellen kann. Da brauche ich nicht mit 16 oder 18 Grad Plato daherkommen, um ein alkoholstarkes Bier zu brauen, da reichen auch schon 13 Grad Plato.

 

Anspruchsvoller Wettbewerbsbierstil: Brut IPA (Abbildung: Störtebeker Brauquartier)
Anspruchsvoller Wettbewerbsbierstil: Brut IPA (Abbildung: Störtebeker Braumanufaktur)

 

°P: Vielleicht wissen die Hobbybrauer noch gar nicht so richtig, was da für ein Bierstil auf sie zukommt? Oder sind die deutschen Hobbybrauer einfach sehr risikofreudig?

Reineke: Was Trends angeht, sind Hobbybrauer manchmal näher am Puls der Zeit als mancher professionelle Brauer. Gerade auch die Kreativbiere, die die Teilnehmer mitbringen. Da ist alles dabei von Kräuterbieren, Sauerbieren, Fruchtbieren, die Range ist schier unerschöpflich. Teilweise bringen die Hobbybrauer sogar holzfassgereifte Biere mit. Da frage ich mich manchmal, wie die das zu Hause überhaupt machen. Für viele professionelle Brauer kann das wirklich bereichernd sein.

Raus: Ebenfalls spannend sind die extrem tiefgehenden Fragen, die uns erreichen. Auch wenn man einen Blick in die Foren wirft, in denen sich rege um die Meisterschaft ausgetauscht wird. Selbst als Fachmann staunt man immer wieder, wie sehr die Leute sich informieren und gegenseitig zu Rate ziehen.

Reineke: Für mich persönlich war Bierbrauen am Anfang auch ein Hobby. Dann habe ich irgendwann gesagt: „Ich lerne jetzt Brauer und studiere das.“ Wenn man etwas gerne macht, dann macht man das auch gut, ist motiviert und hängt sich richtig rein. Die Hobbybrauer sind da richtig gut drauf, und das sieht man allein schon beim Rundgang über das Festival. Sowohl beim Wettbewerbsbierstil, einer konkreten Aufgabenstellung, bei der man sich von der Fachjury beweisen muss, als auch beim Kreativbier, wo das Publikum den Preis vergibt. Da gibt es an Bier nichts, was es nicht gibt. Die einzige Herausforderung für den Besucher ist, dass er nicht alle Biere probieren kann!

 

°P: Herzlichen Dank für das Gespräch und viel Erfolg und viel Spaß für den Wettbewerb, die Ausstellung und das Festival!

Das Gespräch führte GradPlato-Redakteur Christian Dekant.